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Wie ermittelt man den Erfolg von Wissensmanagement? – Eine ungelöste Frage
Darstellung des Nutzens von Wissensmanagement-Maßnahmen (Teil 1)
07. August 2011 von Ulrich Schmidt, Anne-Christine Birkle, Maximilian SchmittSpätestens seit dem Platzen der Dotcom-Blase wird von den betrieblichen Entscheidern verlangt, dass Wissensmanagement-Maßnahmen ihren Nutzen nachweisen. Das Problem: Der Aufwand ist sehr leicht zu ermitteln, der Nutzen hingegen in vielen Fällen nur sehr vage zu beschreiben. Und selbst wenn positive Effekte zu verzeichnen waren, kann deren Ursprung nur in wenigen Fällen zweifelsfrei allein auf Wissensmanagement-Aktivitäten zurückgeführt werden. Entsprechend selten werden Wissensmanagement-Aktivitäten umgesetzt. Die Autoren stellen in einer mehrteiligen Beitragsreihe ein Konzept zum Maßnahmenmanagement vor, mit dem der Nutzen von Wissensmanagement-Maßnahmen aufgezeigt werden kann. Entwickelt wurde das Konzept im Bereich Wissensmanagement der EnBW Energie Baden-Württemberg AG und kommt seit dem Jahr 2011 im Konzern zur Anwendung.
Dieser Beitrag wurde im Open Journal of Knowledge Management, Ausgabe IV/2011 veröffentlicht.
(erstmals veröffentlicht im GfWM-Newsletter, Ausgabe März/April 2011)
Einleitung - Hintergrund
Der Übergang von der Industrie- zur Wissensgesellschaft wird bereits seit den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts thematisiert. Eine immer breitere Beachtung im politischen und gesellschaftlichen Diskurs findet er seit den späten Achtzigerjahren. Begriffe wie z. B. lebenslanges oder organisationales Lernen, Wissensarbeit und Humankapital machen in zunehmenden Maße die Runde. Diese Entwicklungen werden Anfang der 1990er-Jahre auch im wissenschaftlichen Kontext aufgegriffen. In der Wissenschaft etabliert sich eine neue Disziplin - "Wissensmanagement"; ihre Wurzeln liegen insbesondere in der Betriebswirtschaftslehre, der Kommunikations- und Informationswissenschaft, der Sozialwissenschaft und Pädagogik, der Informatik sowie Wirtschaftsinformatik. Auch die Wirtschaft greift das Thema in dieser Dekade an vielen Stellen bereitwillig auf und bringt die entwickelten Wissensmanagement-Konzepte und Methoden mit dem Ziel zur Anwendung, betriebsnotwendiges Wissen effektiver und effizienter zu bewirtschaften.
Das Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 löste dann die erste Krise im betrieblichen Wissensmanagement aus. Gehörte es bis dahin häufig zum guten Ton, Wissensmanagement zu betreiben, wurde aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Situation der Firmen die Wirkung und damit der Nutzen von Wissensmanagement-Aktivitäten zu Recht kritisch hinterfragt. Im Rahmen einer Aufwand/Nutzen-Bewertung war dabei der Aufwand sehr leicht zu ermitteln, der Nutzen hingegen in vielen Fällen nur sehr vage zu beschreiben. Und selbst wenn positive Effekte zu verzeichnen waren, konnte deren Ursprung nur in wenigen Fällen zweifelsfrei allein auf Wissensmanagement-Aktivitäten zurückgeführt werden. Konsequenz der fehlenden Darstellbarkeit des Nutzens war, dass Wissensmanagement-Aktivitäten und die damit verbundenen Ressourcen eingestellt oder zumindest heruntergefahren wurden. Zwar hatte die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise für das betriebliche Wissensmanagement weniger dramatische Folgen als die geplatzte Dotcom-Blase, jedoch konnte sich ein explizites Wissensmanagement - aufgrund der fehlenden Nutzen-Transparenz – bis heute in den meisten Unternehmen nicht etablieren. Dass Wissensmanagement für eine erfolgreiche Unternehmensführung von großer Bedeutung ist, findet noch keine breite Anerkennung. Kernproblem bleibt der Umstand, dass der Nutzen von vielen Wissensmanagement-Aktivitäten schwer darstellbar ist und damit die Rechtfertigung der Existenz von Wissensmanagement gegenüber der Unternehmensleitung schwerfällt.
Maßnahmen im Wissensmanagement-Kontext
Im Rahmen einer Beitragsreihe wird in dieser und in den folgenden Ausgaben des GfWM-Newsletters ein Konzept zum Maßnahmenmanagement vorgestellt, mit dem der Nutzen von Wissensmanagement-Maßnahmen aufgezeigt werden kann. Entwickelt wurde das Konzept im Bereich Wissensmanagement der EnBW Energie Baden-Württemberg AG und kommt seit dem Jahr 2011 im Konzern zur Anwendung. Seinen Ursprung hat das Konzept in den Wissensbilanzierungsaktivitäten des EnBW-Konzerns. Seit 2005 werden in regelmäßigen Abständen in den Kernkonzerngesellschaften der EnBW Wissensbilanzen nach dem Ansatz „Wissensbilanz - Made in Germany“ erstellt. Die letzten Jahre haben bewiesen, dass damit sehr wertvolle Erkenntnisse zutage gefördert und teils verborgene Zusammenhänge aufgezeigt werden können. Zentrales Ergebnis der Wissensbilanz ist die Identifizierung von Handlungsfeldern im intellektuellen Kapital in jeder einzelnen Konzerngesellschaft. Mit Hilfe von entsprechenden Maßnahmen sollen diese anschließend verbessert werden. Hierbei kommen zahlreiche Methoden und Instrumente aus dem Kontext des Wissensmanagements zum Einsatz. Nach zwei Jahren wird schließlich wieder eine Wissensbilanz erstellt. Aufgrund der Entwicklung der Einflussfaktoren des intellektuellen Kapitals – abgebildet in Zeitreihen – können dann Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der Maßnahmen gezogen werden, die zwei Jahre zuvor eingeleitet wurden. Allerdings lassen sich nur bei einem Teil der Fälle klare Ursache-Wirkungsbeziehungen nachweisen.
Das leitet direkt über zu den in den letzten Jahren gesammelten Erfahrungen. Diese haben gezeigt, dass noch nicht in allen Gesellschaften in gleicher Konsequenz Maßnahmen definiert und umgesetzt werden. Die Potenziale, die in den Ergebnissen der Wissensbilanzen stecken, werden also noch nicht zur Gänze ausgeschöpft. Darüber hinaus gibt es nicht durchgängig eine langfristige, systematische Nachverfolgung der Umsetzung und tatsächlichen Wirksamkeit der Maßnahmen, was sich in einer eingeschränkten Auskunftsfähigkeit zum aktuellen Status aller Maßnahmen niederschlägt. Mit der Einführung eines Maßnahmenmanagements soll dies in Zukunft ermöglicht werden. Es muss insbesondere
Will man den Nutzen von Maßnahmen im Wissensmanagement-Kontext darstellen, so stellen sich zwei grundlegende Fragen. Was versteht man unter einer Maßnahme? Was gehört zum Wissensmanagement und was nicht?
Der Begriff Maßnahme wird, in Anlehnung an DIN EN ISO 14971, konkret definiert und zwar als eine „zielgerichtete Tätigkeit mit dem Zweck, zuvor identifizierte Risiken zu beherrschen, um diese zu vermeiden bzw. zu reduzieren“. Ferner zeichnet sich eine Maßnahme vor allem aus durch
Eine verbindliche und allgemein anerkannte Abgrenzung des Begriffs Wissensmanagement zu anderen Disziplinen wie beispielsweise Organisationsentwicklung, Informationsmanagement, Kommunikation, Personalentwicklung oder Kompetenzmanagement gibt es bisher nicht (Anhaltspunkte hierfür liefern z. B. die Wissenslandkarte der GfWM, die "Positionierung von Wissensmanagement" nach aht’intermediation oder die "Wissensmanagement-Prozess-Systematik" des BITKOM). Als hilfreich und sinnvoll in Verbindung mit einem Maßnahmenmanagement hat sich die Typisierung von Maßnahmen erwiesen. Auf der Grundlage von über 250 Maßnahmen, welche in den letzten Jahren aus Wissensbilanzen im EnBW-Konzern abgeleitet wurden, konnte eine solche Typisierung von Maßnahmen abgeleitet werden. Hierbei wurden diese, entsprechend ihrem Charakter, einem bestimmten Cluster zugeordnet. Es haben sich die folgenden fünf Cluster herauskristallisiert:
Darstellung des Erfolgs auf der Basis einzelner Maßnahmen
Da sich der Begriff Wissensmanagement nicht eindeutig abgrenzen lässt, ist es nur folgerichtig, dass der Erfolg von Wissensmanagement im Ganzen schwer ermittelt werden kann. Auf der Ebene einzelner Maßnahmen sieht es hingegen anders aus, hier ist in der Regel eine Ermittlung des Erfolgs durchaus möglich. Fasst man den Status der einzelnen Maßnahmen systematisch zusammen, ergibt sich dann ein sehr umfassendes Bild, das man auch als Erfolgsbilanz des operativen Wissensmanagements bezeichnen könnte. In dieser Erkenntnis liegt der Schlüssel zur Beantwortung der Frage nach dem Erfolg von Wissensmanagement.
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