Einführung in kommunales Wissensmanagement und Informationslogistik

    31. März 2011 von Dieter Rehfeld

    Kommunen wenden sich zunehmend den Themen Wissensmanagement und Prozessoptimierung zu. Beides kann mit einer ausgefeilten Informationslogistik verbunden werden. Es soll mit den vorhandenen Ressourcen die Effizienz gesteigert werden. Im vorliegenden Artikel wird der Leser zunächst in das Thema eingeführt. Der Autor berichtet aber auch aus seinen Erfahrungen, worauf es bei der Umsetzung ankommt. Der Schwerpunkt wird hier auf die Bereitstellung der Daten und Informationen gelegt (Informationslogistik).

    In Folge der Wirtschaftskrise sind die kommunalen Einnahmen dramatisch eingebrochen. Die neuerliche Finanzkrise der Kommunen führt dazu, dass vor allem zwei Themen die kommunale Organisationsdiskussion bestimmen: Zum einen werden erneut die Verwaltungsprozesse intensiv betrachtet und auf ihre Optimierung hin untersucht, zum anderen steht das Thema Interkommunale Zusammenarbeit in einer neuen Blüte.

    Beide Themen sind nicht neu. Die Verwaltungsprozesse zu beschreiben, aufzunehmen, zu messen, zu vergleichen und zu verbessern, hat seit Anfang der 90er Jahre die Diskussion der Organisationsfachleute geprägt. Die Interkommunale Zusammenarbeit war eher für einige wenige Kommunen, die mit beispielhaften Lösungen auch Preise gewinnen konnten, auf der Tagesordnung. Die heutige Diskussion ist – nicht zuletzt auch durch neue Führungskräfte, die in Wahlämtern als Bürgermeister und Landräte agieren - geprägt. Themen wie Prozessorientierung, Netzwerkverwaltung und Kunden-Lieferantenketten sind Begriffe, die heute selbstverständlich benutzt werden und die entsprechenden theoretischen Konzepte prägen zunehmend das Denken und Handeln des kommunalen Managements.

    Zu beobachten ist auch, dass sich vor allem in den Regionen immer mehr Leistungsnetzwerke der Interkommunalen Zusammenarbeit bilden. Die StädteRegion Aachen sei hier beispielhaft erwähnt.

    Diese nunmehr vorgetragenen Anforderungen zur Optimierung der Prozesse stellt auch die kommunale Datenverarbeitung vor eine neue Herausforderung. Die Informationstechnik hat eine große Chance, die Potentiale, die in den letzten Jahren entwickelt wurden, nun zur Anwendung zu bringen.  Ein wesentlicher Aspekt, um Prozesse effektiver und effizienter zu gestalten, ist, ob und wie das notwendige Verwaltungswissen in den jeweiligen Schritten des Prozesses zur Verfügung steht.

    Verwaltungswissen ist dabei die Gesamtheit der Erkenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Personen zur Lösung von Problemen einsetzen. Wissen stützt sich dabei auch auf Daten und Informationen. Wesentlich ist dabei, das Wissen immer an Personen gebunden und stets als ein individueller Prozess in einem spezifischen Kontext zu betrachten ist. Der Wert des Wissens im Prozess wird nur dann sichtbar, wenn dieses  Wissen auch in ein Können umgesetzt wird. Wissen ist damit das Produkt eines Lernprozesses, in dem Daten als Informationen wahrgenommen, mit dem vorhandenen, im Gehirn gespeicherten Wissen vernetzt wird und somit quasi als neues Wissen gelernt wird. Wissen braucht mithin Wissen als Anker.  

    In den letzten Jahren sind einige konkrete Projekte durchgeführt worden, um zu untersuchen, wie Wissensmanagement in Kommunalverwaltungen wirken kann. Eines dieser Modellprojekte war das Projekt „Wissensmanagement für kommunale Rechtsämter“.  Aus diesem gemeinsamen Forschungsprojekt zwischen der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen (RWTH), der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) und einigen Kommunen sowie Landkreisen können Erkenntnisse und Folgerungen für das Zusammenwirken und Managen von Prozessen und Wissen gezogen werden.  Vorgehenskonzepte zur Entwicklung von  spezifischen und angepassten Lösungen zum Wissensmanagement in den Kommunen liegen mittlerweile vor. In der Regel sind diese Lösungen durch folgende Schritte gekennzeichnet:

    Die eigenen Daten und Informationen sind systematisch zu erfassen und so aufzubereiten, dass sie wiedergefunden werden können. Eine spezifische Suchfunktion und Suchlösung ist zu implementieren. Diese muss, abhängig vom jeweiligen Kontext, die relevanten Informationen bereitstellen. Die Aufgabe besteht nicht darin, möglichst viele „gegoogelte“ Informationen bereitzustellen, sondern  die für die jeweils anstehende Aufgabe spezifische Information. Es muss ein Zugang zu externen Informationsquellen gewährleistet werden. Das Wissensmanagement wird in der Regel den Mitarbeiter über Mitarbeiterportalen oder über sogenannte Arbeits- und Aufgabenportale angeboten. Diese Portale bieten dann die Möglichkeit, innerhalb der jeweiligen Organisation oder organisationsübergreifend an gemeinsamen Aufgaben, Themen oder Projekten zu arbeiten. Die Portale nehmen hier eine unterstützende Funktion war.

    Eine wesentliche Erkenntnis aus den Projekten zum Wissensmanagement ist, dass in der Regel der „einfache“ Zugriff zu den unterschiedlichen Datenquellen in der Vergangenheit eine größere Hürde darstellte. Um sogenannte „Schnittstellen“ zu entwickeln, wurden in der Vergangenheit oft erhebliche finanzielle und personelle Aufwende getätigt. Heute gibt es leistungsfähige und kostengünstige Integrationswerkzeuge. Die unterschiedlichen technischen Lösungen, die durch Schlagworte wie „Serviceorientierte Architektur“, „Messagebroker“, und ähnliche Begriffe beschrieben werden, sind in den kommunalen Rechenzentren vorhanden.

    Als ein weiteres Hemmnis hat sich in den Pilotprojekten zum Thema Wissensmanagement herausgestellt, dass vielfach in den Organisationseinheiten die Systematisierung der eigenen Daten und Informationsquellen nicht gegeben ist. Nur selten besteht für eine Gesamtorganisation Klarheit über vorhandene Informationsquellen. Es ist nicht selten, dass in größeren Kommunalverwaltungen zum Beispiel eine Sozialplanung für eine Gesamtstadt und für Stadtbezirke vorgenommen wird, ohne die Informationsquellen systematisch zu erschließen und diese so aufzubereiten, dass sie auch in geographischen Informationssystemen genutzt werden können. Auch heute noch trifft man engagierte Mitarbeiter, die in mühevoller „Excel-Arbeit“ gute Präsentationen erarbeiten, die vorhandenen Daten und Informationen aber nur zum Teil erschließen und nur selten einen wieder verwendbaren, umfassenden Informationsstand erarbeiten, der auch für die laufende tägliche Verwaltungsarbeit genutzt werden kann.

    Die Prozesse der Verwaltung weiter zu optimieren, kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Kernaufgabe der Verwaltung dabei im Mittelpunkt steht, das in den Mitarbeiterköpfen vorhandene Verwaltungswissen zu berücksichtigen und aktiv einzubringen. Mithin kommt es darauf an,  die Prozesse und das Wissensmanagement in einer öffentlichen Verwaltung als dienende Funktion für die Menschen in der Verwaltung so zu gestalten, dass die Arbeits- und Entscheidungsprozesse effektiv und effizient unterstützt werden. Letztlich zielt die Verwaltung auf Wirkung, und der Erfolgsmaßstab des Wissensmanagements wird daran gemessen, ob es mit einem optimalen Ressourceneinsatz gelingt, eine bestmögliche Wirkung im Sinne der politisch vorgegebenen Ziele zu erreichen. Vor diesem Hintergrund ist das Thema Wissensmanagement für eine öffentliche Verwaltung dahingehend zu präzisieren, dass es darauf ankommt, den Wissensträger in optimaler Weise mit Daten, Nachrichten und Informationen zu versorgen.

    Wissensmanagement in einer öffentlichen Verwaltung kann erst dann wirkungsorientiert funktionieren, wenn es integraler Bestandteil der Arbeitsprozesse ist. Dies setzt voraus, dass der Transport der Daten, Nachrichten und Informationen zum Entscheider hin in optimaler Weise erfolgt. Wir haben es mithin mit einem „logistischen“ Thema zu tun. Diese Erkenntnis hat dazu geführt, dass seit einiger Zeit die Aufgabenstellung im Aufbau eines Wissensmanagements lautet, Daten, Nachrichten und Informationen in optimaler Weise zu transportieren. Es ist für ein wirkungsorientiertes Management sinnvoll, die Informationslogistik als Zulieferer zu betrachten. Informationslogistik wird hier verstanden als eine Teilaufgabe des Informationsmanagements, mit dem Fokus, Informationsflüsse innerhalb und zwischen Organisationseinheiten zu gestalten. Ziel ist dabei, die Verfügbarkeit von Information zu optimieren, oder anders ausgedrückt, die Informationslogistik befasst sich damit, die richtige Information zur richtigen Zeit im richtigen Format in der richtigen Qualität für den richtigen Adressaten und am richtigen Ort zur Verfügung zu stellen.

    Deutlich wird aus dieser Formulierung, dass die Informationslogistik im hohen Maße kontextabhängig ist. Was im konkreten Einzelfall die „richtige“ Information ist, hängt wesentlich vom handelnden Mitarbeiter und von der zu lösenden Aufgabe ab.

    Vor allem wenn es darum geht, eine interkommunale Zusammenarbeit zu entwickeln und zu gestalten, wird das Thema Informationslogistik eine besondere Bedeutung erhalten. In diesem Kontext kommt es darauf an, die Datenquellen aus verschiedenen Organisationseinheiten so miteinander zu kombinieren, dass der handelnde Mitarbeiter alle für ihn relevanten Quellen der Information auch zur Verfügung stehen hat.

    Ein exemplarisches Beispiel ist hier das regionale Call-Center, das für verschiedene Kommunalverwaltungen Dienste abwickelt. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, auf Datenquellen in unterschiedlichen Organisationen zurückzugreifen; auch hier handelt es sich mithin um ein logistisches Problem.

    Nicht zuletzt auch die Entwicklung der Mobilkommunikation und der Möglichkeiten des mobilen Internets eröffnet für Kommunalverwaltungen die Chancen, ihre Prozesse weiter zu optimieren. Aber diesbezüglich ist es nicht damit getan, iPhones, Blackberrys und ähnliche Produkte den Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen, sondern die Potentiale einer mobilen Arbeitserledigung können erst dann erschlossen werden, wenn sie auf Basis einer sicheren und mobilen Informationslogistik gestaltet werden. Erst dann ist es möglich, dass ein Mitarbeiter eines Energieversorgers, der im Straßenraum den Zustand der Straßenbeleuchtung begutachtet und zeitgleich dem jeweiligen Stadtbetrieb eine Meldung über eine Störung im Straßenraum übermittelt. Auch in diesem Beispiel wird auf unterschiedlichen Datenquellen von unterschiedlichen Organisationen zugegriffen. Die regio iT aachen hat in Fortsetzung der Forschungsprojekte zum Thema Wissensmanagement und Kommunales Infrastrukturmanagement gemeinsam mit Kommunen in der Region Aachen hierzu Lösungen entwickelt.

    Mit Hilfe der Informationslogistik werden die Arbeitsprozesse in der Infrastruktur einer Kommune, das heißt, die Arbeitsprozesse zu Kanälen, Straßen, Gebäuden, Spielplätzen, Sportplätzen, Friedhöfen und ähnliche Aufgaben optimiert. Die Pflege der Kommunalen Infrastruktur mit Hilfe der IT zu verbessern, ist auch ein Beitrag, um das Aktivvermögen einer Kommune zu erhalten.

    Wer seine Prozesse durch ein systematisches Wissensmanagement optimieren und einen nachhaltigen Gewinn aus dieser Organisationsarbeit ziehen will, kommt nicht an Aufwand und Mühen vorbei. Am Anfang steht eine strategische Entscheidung, dass organisationsübergreifend gesteuert und getaktet durch Prozesse zusammengearbeitet werden soll. Messgrößen sind dabei: Kosten reduzieren und Wirkung erhöhen. Diese allgemeine Anforderung liest sich einfach, ist aber in der Praxis mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Wer daran beteiligt war, einen organisationsübergreifende Bauservices für Investoren und Bürger zu entwickeln oder organisationsübergreifende Call-Center-Aktivitäten einzuführen, weiß, dass Rahmenbedingungen wie Macht, Zuständigkeit und Ansehen und deren Veränderung die Ursache für erhebliche Schwierigkeiten sein kann. Hier ist Führungsarbeit gefordert, nicht die IT. Die Führungs- und Projektarbeit setzt sich fort in der Definition und Beschreibung der zu optimierenden Geschäftsprozesse und in der Aufnahme und Beschreibung der beteiligten Informationsstruktur. Die notwendigen Dienste, die nun die Prozesse mit Daten, Nachrichten und Informationen bedienen und Anmeldeprozesse, Sicherheit und Authentifizierung gewährleisten, sind dann als Basis der Architektur zu beschreiben, auszuwählen und zu entwickeln. Wenn diese Führungs- und Projektarbeit geleistet ist, dann kann die Informationstechnik ihre Potentiale zur Anwendung bringen. Ein prozessorientiertes Wissensmanagement in den kommunalen Organisationen erfordert eine erhebliche Strategie- und Organisationsarbeit der Führungskräfte und stellt eine besondere Herausforderung dar. Diese Herausforderung potenziert sich, wenn es darum geht, organisationsübergreifende Prozesse zwischen Kommunen sinnvoll zu gestalten.

    Die kommunalen Organisationen können heute auf die kommunale Finanzkrise mit Hilfe der Informationstechnik effektive und effiziente Antworten geben. Die Informationstechnik eröffnet neue Lösungsmöglichkeiten und neue Lösungsmodelle. Die kommunalen Rechenzentren können hier eine besondere Aufgabe übernehmen, wenn sie sich als zukünftige Informationslogistikzentren verstehen, die ihren Kunden Lösungsmodelle für organisationsübergreifende Datendrehscheiben zur Verfügung stellen.

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