Wissensmanagement in der neuen ISO 9001:2015

    Modernes Qualitätsmanagement

    11. Dezember 2014 von Christof Dahl

    In die ISO 9001, dem weltweit am meisten verbreitetsten Managementsystem, wird erstmals die Anforderung eines bewussten Umgangs mit Wissen gestellt. Es muss zunächst erlangt und dann vermittelt und aufrechterhalten werden. Im Artikel wird erläutert, was die neue ISO 9001:2015 nach derzeitigem Entwurfsstand fordert und zeigt ein mögliches Umsetzungsvorgehen auf, welches Kundenanforderungen als Ausgangspunkt nimmt.

    Die ISO 9001 ist weltweit das am weitesten verbreitete Management-System. Allein in Deutschland sind ca. 50.000 Unternehmen nach dieser Norm zertifiziert. Die ISO 9001 beschreibt welche Aspekte zur guten Unternehmensführung gehören und schließt alle Prozesse des Unternehmens mit ein. Zurzeit ist diese Management-Norm im großen Umbruch. Die Nachfolgenorm ISO 9001:2015 wird zurzeit erarbeitet. Im Moment ist die Vorversion (DIS) veröffentlicht. Aus Erfahrung wissen wir, dass damit die Struktur und die neuen Inhalte praktisch bereits festgelegt sind. Es werden evtl. noch kleinere Änderungen erfolgen - das Gerüst steht aber damit schon fest. Die endgültige Veröffentlichung ist für Sept. 2015 avisiert.

    Wissensmanagement im Qualitätsmanagement

    Es wird eine Vielzahl von neuen Aspekten in die ISO 9001 eingehen. Ein Aspekt, der endlich berücksichtigt wird, ist das Wissensmanagement. Teile des Wissensmanagements gehörten schon immer zum Qualitätsmanagement und nehmen dort einen wichtigen Platz ein. Meistens sprechen wir in dem Zusammenhang vom „Prozess der kontinuierlichen Verbesserung“ (KVP). Der Gedanke des KVP ist es, immer ein Stück besser zu werden. Qualitätsmanagement heißt nämlich nicht, dass das Unternehmen alles perfekt macht - das wäre auch eine utopische Vorstellung.

    Qualitätsmanagement bedeutet vielmehr die Bereitschaft sich immer weiter zu verbessern. Aus diesem Grund werden neue Erkenntnisse erarbeitet und man lernt vor allem aus Fehlern. Fehler können in allen Bereichen der Organisation auftreten. Ausschuss kann anfallen, Nacharbeiten müssen durchgeführt werden, Projekte werden nicht wie geplant abgeschlossen , es kommt zu Reklamationen etc.. All diese Aspekte gehören seit jeher zum KVP des Unternehmens. Es müssen die Fehler analysiert und dann die Ursachen beseitigt werden. Das erzielte Wissen und die gesammelte Erfahrung müssen gesichert werden. Aus diesem Grund spricht man auch von der Sicherungsfunktion eines Management-Systems. Somit ist das aktive Wissensmanagement eines der Herzstücke des modernen Qualitätsmanagement.

    Der Begriff des Wissensmanagements tauchte so leider bisher nicht in der gegenwärtigen ISO 9001:2008 auf. Es gab weder die Forderung zur systematischen Herangehensweise, noch gab es ein gesondertes Kapitel dazu.

    Wissensmanagement als Teil des TQM (Total Quality Management)

    Wissen, Innovationen, Lernen und andere Aspekte sind schon seit vielen Jahren fester Bestandteil der höchsten Stufe des Qualitätsmanagements - dem TQM. Ein TQM-Modell ist z. B. die Norm ISO 9004. Dort nimmt das Wissensmanagement einen enormen Stellenwert ein. Der Begriff der „lernenden Organisation“ ist auch in dieser Management-Norm seit fast 15 Jahren fest verankert. Die wichtigsten Neuerungen der neuen ISO 9001:2015 stammen übrigens aus der „Schwesternorm“ ISO 9004 - u. a. das Wissensmanagement! Wir erhalten also jetzt in der neuen ISO 9001:2015 ein komplettes Kapitel zu diesem Thema.

    Was fordert die neue ISO 9001:2015?

    Stand der prEN ISO 9001:2014 (DIS)

    Im Kapitel 7 (unterstützende Prozesse) der neuen ISO 9001 findet sich unter den Ressourcen des Unternehmens nun auch das Kapitel „Wissen der Organisation“. Das Unternehmen muss das notwendige Wissen ermitteln, das es benötigt, um seinen Aufgaben gerecht zu werden und um die Prozesse umzusetzen. Im zweiten Schritt muss dieses Wissen bewahrt und auch an die Mitarbeiter verbreitet werden. Die Zielsetzung ist es, zukünftige Trends und Erfordernisse zu erkennen. Man muss konkret bestimmen wie das notwendige Wissen erlangt werden soll.

    Es wird auch klar gestellt, dass zum Wissen auch explizit der Erfahrungsschatz gehört und dass sowohl externe Quellen - wie Hochschulen, Fachartikel, etc. - wie auch interne Quellen - KVP, Fehler, Lessons learned, etc. - angezapft werden müssen.

    Im nachfolgenden Normkapitel geht es um die notwendige Kompetenz der Mitarbeiter. Dieses Wissen muss z. B. durch Weiterbildung an die Mitarbeiter sichergestellt werden (Kap. 7.2 Kompetenz).

    Was ist praktisch im Unternehmen zu tun?

    Das Unternehmen muss beschreiben, wie das Wissensmanagement umgesetzt wird. Dazu gehört eine systematische Vorgehensweise.

    Die Anforderungen an das Unternehmen werden üblicherweise durch die Kunden spezifiziert. Das Unternehmen muss an dieser Stelle sehen, dass das notwendige Know-how im Unternehmen vorhanden ist. Wenn nicht, dann müssen generelle Maßnahmen bestimmt werden. Wissen kann extern bezogen werden. Dies beinhaltet beispielsweise den Besuch von Messen, Fachveranstaltungen, Kongressen. Es kann auch Marktstudien oder Wettbewerbsbeobachtung beinhalten.

    Wissensmanagement - Umsetzung in Prozessen

    Interne Quellen sind Wissensträger im Unternehmen. Das kann das Wissen der Mitarbeiter sein. Dieses Wissen blüht oft im Verborgenen. Das Unternehmen kann z. B. beschließen das Wissen und die Fähigkeiten der Mitarbeiter in einer Qualifikations-Matrix abbilden. Eine große Hürde ist oftmals, dass dieses Wissen nicht geteilt wird bzw. gar nicht bekannt ist.

    Ein gutes Werkzeug dieses Wissen abzufragen ist manchmal die Durchführung von Mitarbeitergesprächen. Dort müsste dann dieser Punkt explizit ergänzt werden. Ein weiteres Beispiel der praktischen Umsetzung ist das Lernen durch Fehler oder sog. „Lessons learned“. Dies wird oftmals im Rahmen von Projekten angewendet, um Erfahrungen aufzuschreiben und dann an andere Projekt-Teams weiterzugeben.

    Fazit

    Die neue ISO 9001:2015 wird stark erweitert und geht noch mehr in Richtung Management. Das Thema Wissensmanagement wird auch in Zukunft eine immer breitere Basis finden. Das ist auch eine logische Konsequenz, da das Wissen gerade für deutsche Unternehmen einen hohen Wettbewerbsvorteil darstellt.

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