Wie wird Knowledge Management zu einer lohnenden Geschäftsinvestition?

    03. Juli 2001 von Florian Ohly

    Für die Anerkennung als bewährtes Mittel zur Leistungssteigerung von Organisationen muss KM noch besser beweisen, welchen Nutzen es zu welchen Kosten erbringt. Dafür bedarf es eines Ansatzes, der KM-Potentiale aus betriebwirtschaftlicher Sicht aufzeigt und eine auf diese Potentiale fokussierte Strategie entwickelt. Für die anschliessende Umsetzung sind geeignete KM-Architekturen erforderlich. Basierend auf 10 Jahren Erfahrung mit KM in einer globalen Organisation von heute über 60.000 MA hat CSC das KM Framework CSC SourcesSM entwickelt, das beides bietet: sowohl den geschäftsorientierten KM-Ansatz als auch eine offene KM-Architektur.

     

    Das PDF enthält die ausführliche Version (23 Seiten) der hier folgenden Kurzfassung, die als Einführung in den eigentlichen Artikel dienen soll.

    KM unter Bewährungsdruck

     

    Einerseits steht KM weit oben auf der Prioritätenliste von Managern, weil Verfügbarkeit von Wissen mehr und mehr zum Wettbewerbsfaktor wird. Andererseits wird KM in vielen Fällen als technologisch besetztes Thema gesehen, als notwendige Übel, das Kosten verursacht. Dieser Artikel zeigt auf, wie man aus KM den größtmöglichen Geschäftsnutzen zieht.

    KM bewegt sich wie alle neuen Themen durch einen "Hype Cycle": Nach einer ersten, durch neue Technologien ausgelösten Euphorie fällt es in das "Tal der Desillusionierung", wonach es sich zu einem bewährten Instrument der Leistungssteigerung entwickeln muss. Die Bewährung kann nur über einen signifikanten, nachweisbaren Beitrag zur Leistungsfähigkeit derjenigen Organisationseinheiten erfolgen, die dafür bezahlen sollen.

    Investitionen in KM werden inzwischen verstärkt nach ihrem Beitrag zur Steigerung der Wertschöpfung hinterfragt. Fehlt dieser Beitrag oder wird er nicht ausreichend wahrgenommen, drohen KM-Initiativen Einsparmassnahmen vollständig zum Opfer zu fallen oder zumindest soweit gekappt zu werden, dass sie ein Dasein als Alibiveranstaltung führen ("Natürlich machen wir KM, wie jeder heute").

    Woran liegt das? Die häufigsten Gründe sind:

    • Zu starke Orientierung an Technologien anstatt an der Verbesserung von Geschäftsprozessen
    • KM wird nicht fokussiert nach Geschäftspotential sondern nach dem Gießkannenprinzip eingeführt, nach dem Motto "Alles Wissen, was wir haben, für jeden unserer Mitarbeiter"
    • Mangelnde Zielerreichung von KM-Projekten wegen Vernachlässigung der Auswirkungen auf die Unternehmenskultur
    • Das Geschäftspotential ist erkannt, aber eine ganzheitliche und offene KM-Architektur zur Umsetzung fehlt

     

    Für ein erfolgreiches KM ist daher eine geschäftsgetriebene Ausrichtung notwendig: Das heißt, einen Business Case für KM aufzustellen und daraus das adäquate KM-Programm abzuleiten. Ziel eines KM-Programms ist es, eine geschäftsunterstützende Wissensumgebung* aufzubauen und zu unterhalten.

    Das CSC KM Framework CSC SourcesSM nutzt hierfür die Methode kDiscovery. Sie hilft, sowohl Geschäftspotentiale für KM als auch sinnvolle Wege zu ihrer Erschließung aufzudecken. kDiscovery basiert auf dem Business Knowledge Environment Zielmodell (BKE Zielmodell) für ein geschäftsgetriebenes KM. Das Modell wird durch mehrere (auch einzeln nutzbare) strategische Werkzeuge ergänzt, die helfen, einen Business Case mit konkreten Geschäftszielen für KM aufzubauen und daraus die wesentlichen Gestaltungsfaktoren der Wissensumgebung wie Prozesse, Rollen, Anwendungen etc. abzuleiten.

    CSC SorucesSM Werkzeuge (Ausschnitt)

    Kurzbeschreibung

    KM Spectrum

     

    • Ganzheitliches Modell für ein besseres Verständnis der komplexen KM-Landschaft**
    • Hilft eine Selbsteinordnung des eigenen KM-Verständnisses vorzunehmen und die "KM-Reife" eines Unternehmens zu beurteilen.
    • Lässt sich als strategisches Planungstool für KM-Investitionen nutzen.

     

    KM Focus Porfolio

     

    • Identifiziert die von KM zu unterstützenden Wissensbereiche mit dem größten Optimierungspotential aus betriebswirtschaftlicher Sicht
    • Identifiziert kritische Anforderungen an die Wissensverfügbarkeit, die bei der Gestaltung der Wissensumgebung zu berücksichtigen sind.

     

    CSC SourcesSM Knowledge Diamond

     

    • Strukturiert die wesentlichen Elemente der Wissensumgebung unter Berücksichtigung aller einzusetzenden KM Bausteine.

     

    Knowledge Sources, Knowledge User Matrix

     

    • Gruppierung der Wissensnutzer und Identifikation der Wissensquellen
    • Flexible und beliebig detaillierbare Ableitung der notwendigen KM-Prozesse und -Organisation.
    • Liefert Anhaltspunkte für Gestaltung einer "Collaborative Culture".

     

     

    Konsequente Anwendung dieser strategischen Werkzeuge führt von oberflächlichen Aussagen wie "Wir wollen Synergien ausnutzen" oder "Wir wollen durch Wiederverwendung Kosten senken" über konkrete Geschäftsziele zu den wesentlichen Gestaltungsfaktoren für eine Wissensumgebung. Gleichzeitig geben sie bei angemessener Detaillierung einen Überblick über den Dschungel von Wissensthemen, Technologien und Organisationsmaßnahmen.

    KM-Strategiearbeit lässt sich nicht im Detail standardisieren. Je nach Kontext werden die methodischen Werkzeuge der kDiscovery daher angemessen ausgewählt, detailliert und angepasst. Vor allem ein angemessener Detaillierungsgrad ist wichtig, um weder in oberflächlichen Aussagen zu verharren, noch sich im Rahmen des KM-Strategieprozesses in endlosen Analysen zu verlieren.

    Weiterhin sollte man sich darüber im klaren sein, dass eine wirksame KM-Strategie oft nur im Zusammenspiel mit weitergehenden strategischen Massnahmen zu erarbeiten ist, z.B. Änderungen im Bereich der Unternehmenskultur oder der Ablauforganisation. Erfolgreiche KM-Strategiearbeit läuft nie ohne oder isoliert von anderen strategischen Initiativen ab.

    Unabhängig davon lassen sich die hier aufgeführten Werkzeuge auch einzeln, unabhängig von einem Top - Down - Strategieprozess einsetzen, um mehr Klarheit und die Ausrichtung für Bestandteile eines bestehenden KM-Programms zu gewinnen.

    BKE Zielmodell

     

    "Wenn wir Wissensmanagement machen, bauen wir erst einmal eine Datenbank, wo dann jeder Mitarbeiter sein Wissen zur Weiterverwendung ablegt..." - so vor ein paar Jahren noch in vielen Fällen die Praxis. Heute ist man weiter und weiß, dass neben bloßem Speichern für explizites Wissen weitere Komponenten wichtig sind, wie z.B. Suchmaschinen, Push Services, Werkzeuge zur Klassifikation von Wissen als Voraussetzung für seine Auffindbarkeit, personalisierte Portale etc. Auch die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen implizitem und explizitem Wissen ist vielen kein Geheimnis mehr.

    Wie lässt sich der "Business Case" für das eigene KM-Programm aufbauen? Wie lässt sich vor den Entscheidern in Unternehmen erfolgreich dafür plädieren, dass KM eine lohnende Geschäftsinvestition darstellt? Denn nur so wird KM in einem Unternehmen die Phase der Modeerscheinung überstehen: Indem man die von KM unterstützten Geschäftsziele klar herausstellt.


    Abbildung1: Business Knowlege Environment Zielmodell

    Im BKE Zielmodell werden drei Zielebenen unterschieden (Abildung1):

    • Zunächst werden die Ziele einer KM-Initiative auf der Geschäftsebene definiert ("Warum?")
    • Von dort ausgehend werden Wissensziele definiert ("Was?")
    • Daraus leiten sich die notwendigen Eigenschaften der geeigneten "Wissensumgebung" ab ("Wie?")

     

    Die durch KM zu unterstützenden Geschäftsziele sind der Nutzen und damit das Fundament des Business Case. Die Geschäftsziele lassen sich in Form zu unterstützender Leistungstreiber definieren. Dabei gilt es herauszufinden, ob es sich dabei um effizienz- oder effektivitätsorientierte Leistungstreiber*** handelt. Im ersten Fall stehen die Wissenskosten im Vordergrund, im zweiten Fall die Wissensqualität im weiteren Sinne.

    In großen Pharmaunternehmen spielen Effektivitätsziele eine große Rolle für KM: Wenn es etwa darum geht, die Zulassung neuer Medikamente zu beschleunigen, das heißt der Leistungstreiber lautet "Dauer Zulassungsprozess". Damit verlängert sich der Zeitraum, in dem der Hersteller das Medikament alleine mit einer entsprechend hohen Rendite vertreiben kann, bevor es als Generikum auf den Markt kommt. Die Kosten der dafür verwendeten KM-Systeme, z.B. für Dokumentenmanagement, sind zwar alles andere als niedrig, jedoch von geringem Gewicht im Vergleich zu den Kosten für die Entwicklungsphase neuer Produkte (jährlich ca. 40 Mrd. US$ für die gesamte Branche), sowie den höheren Umsatz und Gewinn über den Lebenszyklus eines Produkts.

    Auf der Zielebene "Business" lassen sich Geschäftsziele für KM wiederum in drei Stufen aufteilen****:

    1. Unterstützung existierender Leistungstreiber, d.h. Unterstützung der Organisation, das besser zu machen, was sie heute bereits tut - z.B. Optimierung bestehender Prozesse in Hinblick auf Kenngrößen wie Durchlaufzeit oder Stückkosten
    2. Unterstützung neuer Leistungstreiber, d.h. Unterstützung neuer Aktivitäten einer Organisation, z.B. Steigerung von Synergien durch Cross-Selling nach dem Zusammenschluss zweier Unternehmen
    3. Unterstützung neuer "Value Propositions", wenn Wissen selbst ein neues Produkt oder neuer Teil eines bestehenden Produkts werden soll

     

    Zu Beginn eines neuen KM-Programms sollte man sich klar sein, auf welchen Stufen man seinen Business Case aufbauen will. Viele KM-Programme fangen auf der ersten Stufe an, müssen jedoch nicht auf diese begrenzt sein. Oft wird der Business Case erst interessant, wenn man ihn auf die Folgestufen ausdehnt.

    Aus den Geschäftszielen leiten sich die Wissensziele ab. Dabei ist zu unterscheiden, ob für die Erreichung der Geschäftsziele eher explizites oder eher implizites Wissen erforderlich ist. Hieraus lässt sich die strategische Richtung des KM-Programms ableiten: Kodifizierung versus Personifizierung. Kennzeichnend für eine Kodifizierungsstrategie ist die elektronische Speicherung von Wissen, das für standardisierte, sich häufig wiederholende Arbeitsprozesse genutzt werden kann und so zu einer effizienteren Arbeitsweise beiträgt. Bei einer Personifizierungsstrategie dagegen ist das Wissen eng an Personen oder Gruppen gebunden. Der Austausch von Wissen findet vorrangig im persönlichen Gespräch statt. Softwaretools unterstützen diesen Austausch, könne das Wissen aber nicht oder nur bedingt speichern.

    Aus den Wissenszielen ergeben sich die Architektur der angestrebten Wissensumgebung und ein KM Programm. Das KM Programm beinhaltet den strategischen Plan zur Realisierung und ein Change Model zur Unterstützung der notwendigen kulturellen Änderungen. Auch dies ist Bestandteil der kDiscovery, die hier nur zum Teil beschrieben werden konnte. Nach Abschluss der kDiscovery folgen weitere Phasen des CSC KM Frameworks CSC SourcesSM, um den strategischen Plan zu detaillieren und umzusetzen.

    Bereits während der kDiscovery ergeben sich viele Ideen für die Gestaltung der Wissensumgebung, z.B. in Form von Experten - Datenbanken oder Portalen. Es ist ratsam, diese Ideen festzuhalten, vor allem für mögliche Pilotprojekte. Genauso ist Geduld angeraten, die meisten dieser Ideen ruhen zu lassen, bis der Business Case fertig ist. Man sollte während der Definition der Wissensziele der Versuchung widerstehen, bereits in die Gestaltung der Wissensumgebung zu springen, weil man sich dann schnell in technischen Details verliert.

    Erst die klare Übersicht darüber, welches Wissen die Leistungstreiber des Geschäftes wirksam unterstützt, gibt die Entscheidungsfähigkeit, welches die erfolgversprechendsten Alternativen für die Gestaltung der Wissensumgebung sind.

    Case Study

    Auswahl einer geeigneten KM Strategie

    Vor einigen Jahren besetze ein Serviceunternehmen für Hausgeräte die telefonische Auftragsannahme mit erfahrenen Technikern anstelle von fachlich ungeschultem Personal. Aufgrund ihres Erfahrungswissens konnten die Techniker fast immer bereits beim ersten Anruf des Kunden vorhersagen, welche speziellen Ersatzteile der Kollege vor Ort benötigen würde. Dadurch wurde ein großer Teil ansonsten kostspieliger Zweitanfahrten für den Fall vermieden, dass ein Techniker nicht das geeignete Ersatzteil dabei hatte.

    Zwei Prozesse sind hier zu unterscheiden: Der Prozess der Auftragsannahme und der Prozess der Serviceabwicklung. In diesem speziellen Fall ist der von KM zu unterstützende Aspekt der Auftragsannahme effektivitätsgetrieben - es kam mehr darauf an, die richtigen Ersatzteile vorherzusagen (wie gut bzw. effektiv das Wissen war), als preiswerteres Personal in die Auftragsannahme zu setzen (wie teuer das Wissen war). Die Serviceabwicklung dagegen war effizienzgetrieben, weil es darauf ankam, eine gegebene Reparatur zu möglichst geringen Kosten durchzuführen.

    Gleichzeitig wird an diesem Beispiel auch die Bedeutung des Unterschieds zwischen einer Kodifizierungs- und einer Personifizierungsstrategie deutlich: Erfolgsfaktor war die Nutzung des impliziten Wissens der Techniker, das nicht in Datenbanken etc. abgelegt werden konnte, sondern in den Köpfen der Techniker vorhanden war.

    Ein anderes, ähnliches Unternehmen hatte dagegen versucht, das gleiche Ziel mit einer Kodifizierungsstrategie zu erreichen: Fachlich ungeschulten Mitarbeitern im Call Center wurde ein regelbasiertes System zu Verfügung gestellt, das Fragen an den Kunden stellen und aus den Antworten entsprechende Ersatzteilvorschläge generieren sollte. Das System sollte die richtigen Antworten aus Statistiken über vergangene Fälle lernen.

    Das ganze wurde ein Misserfolg, der sich rein statistisch begründen ließ: Um aus Bedarfsfällen für ein Ersatzteil treffsichere Regeln zur Vorhersage zukünftiger Bedarfe abzuleiten, müssen zunächst genügend statistische Daten vorliegen. Darüber hinaus war der dafür notwendige Zeitraum länger als der Lebenszyklus der jeweils zu reparierenden Geräte. Das heißt, sobald ausreichend Vergangenheitsdaten vorgelegen hätten, um Ersatzteile vorherzusagen, benötigte diese niemand mehr, da die betroffenen Geräte nicht mehr repariert wurden.

     

     

     


    Anmerkungen

    * Wissensumgebung: Umgebung für einzelne oder vernetzte Organisationen, die das für die Erreichung der Organisationsziele benötigte Wissen liefert.

    ** Quelle: Derek Binney, "The Knowledge Management Spectrum - Understanding the KM Landscape", Jounal of Knowledge Management, Voume 5, No 2, 2001.

    *** Effizienz bedeutet "es richtig zu tun", etwa die Kosten in einem Prozess zu senken. Effektivität dagegen bedeutet, "das Richtige zu tun". Bei einem effektivitätsgetriebenen Prozess kommt es primär auf das Ergebnis an, nicht wie oder mit welchen Kosten es erreicht wurde.

    **** Quelle: "Managing Your Knowledge Manager", McKinsey Quarterly, 2001 Number3

    Anhang:

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