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Organisationsaufstellungen
28. Juli 2004 von Inge BotheOrganisationsaufstellungen sind eine neue Problemlösungsmethode, die seit etwa 10 Jahren in der Beratung von Unternehmen eingesetzt werden und dort - aber nicht nur dort - für einigermaßen Furore sorgen. Die Aufregung ist verständlich, da im Rahmen von Organisationsaufstellungen etwas "geschieht", das sich nicht logisch rational erklären lässt. Dazu kommt, dass sich auch die Lösungen, die mit Hilfe dieser Methode gefunden werden, oftmals nicht rational begründen lassen. Die Zumutung, die mit dieser Methode verbunden ist, besteht im Wesentlichen darin, der eigenen Wahrnehmung zu vertrauen - statt wie gewohnt dem Verstand.
Kurzzusammenfassung des Vortrags vom 15.01.04 vor dem Berliner Wissensmanagement-Stammtisch
Was sind nun Organisationsaufstellungen und worin besteht ihr Nutzen?
Mit Hilfe von Organisationsaufstellungen ist es möglich, das Beziehungsgefüge in einem Unternehmen abzubilden und Lösungen für Probleme zu finden, die man durch Nachdenken allein oft nicht lösen kann. Das heißt: Aufstellungen werden meistens dann gemacht, wenn man wirklich ratlos ist, wenn man schon alles Mögliche versucht hat und mit mehr weiter weiß. Statt erneut über das jeweilige Problem nachzudenken, wird es "aufgestellt".
Auf den ersten Blick scheint es dabei um ein Rollenspiel zu handeln. Man wählt aus den Seminarteilnehmern sog. Stellvertreter für Unternehmensmitglieder und für sich selbst aus und stellt sie im Raum zueinander in Beziehung. Das Erstaunliche ist nun, dass die Stellvertreter Gefühle und Verhaltensweisen zeigen wie die wirklichen Personen, für die sie ausgewählt worden sind, ohne diese zu kennen und ohne genauere Informationen über sie bekommen zu haben. Meist wissen die Stellvertreter nur, dass sie z.B. ein Kollege oder ein Vorgesetzter des Klienten sind und nicht mehr.
Offensichtlich - wenn auch schwer vorstellbar - gibt es eine Art von Wissen bzw. eine Art der Wissensvermittlung ohne Informationsaustausch oder andere Arten direkter Kommunikation. Denn die Stellvertreter offenbaren ein Wissen, dass über ihre persönlichen Erfahrungen und Informationen hinausgeht. Sie wissen oder fühlen etwas, dass sie eigentlich gar nicht wissen können (vgl. Nelles 2003).
Experimente mit diesem Phänomen haben zudem gezeigt, dass dieses Phänomen immer auftritt - unabhängig von den Personen, die als Stellvertreter ausgewählt worden sind. Das heißt, jeder kann als Stellvertreter für jede x-beliebige Person eingesetzt werden und hat dann in dieser Stellvertreterposition Zugang zu den Gefühlen und Wahrnehmungen dieser Person.
Wie kann das sein?
Eine wirkliche Erklärung für dieses Phänomen gibt es zurzeit noch nicht. Manche meinen, dass es sich dabei um die menschliche Fähigkeit zu repräsentativer Wahrnehmung handelt, andere sprechen von Wissens- oder Energiefeldern oder vermuten die Existenz sog. morphologischer Felder. Wie auch immer, fest steht bis jetzt lediglich eins, nämlich dass es dieses Phänomen wirklich gibt. Es ist, wenn man so will, empirisch feststellbar.
Das Vorgehen: oder wie Lösungen gefunden werden
Eine weitere Besonderheit von Organisationsaufstellungen ist die Art und Weise, wie mit Hilfe dieser Methode Lösungen für bestehende Probleme gefunden werden. Sie unterscheidet sich grundlegend von herkömmlichen Problemlösungsmethoden.
Herkömmlicherweise versucht man Probleme logisch rational durch nachdenken zu lösen. Man hat bestimmte Vor-Annahmen, Konzepte oder Theorien im Kopf, mit denen man ein Problem betrachtet und zu durchdringen versucht, und je nachdem, was man für plausibel hält, versucht man den einen oder den anderen Lösungsweg. Ausgangspunkt ist dabei immer das persönliche Wissen, das man sich im Laufe der Jahre angeeignet hat. Damit tritt man an das Problem heran. Man versucht es zuerst zu isolieren, dann logisch zu durchdringen und schließlich geht man daran, die problematische Situation nach eigenem Gutdünken zu verändern und zu gestalten. Die Grundhaltung dabei ist, dass sich die Realität oder die Wirklichkeit nahezu beliebig gestalten lässt. Die zugrunde liegende Prämisse ist die von der Machbarkeit der Welt. Man versucht sich die Welt gefügig zu machen -und fällt damit häufig auf die Nase.
Im Unterschied dazu arbeitet man mit Organisationsaufstellungen rein phänomenologisch, das heißt, man orientiert sich allein an den Phänomenen, die sich in einer Aufstellung zeigen und verzichtet nahezu vollständig auf vorhandenes persönliches Wissen.
Wie kann man sich das vorstellen?
Statt mit irgendwelchen Hypothesen an das vorgetragene Problem heranzutreten, vertraut man im Rahmen einer Aufstellung allein den Äußerungen und Verhaltensweisen der Stellvertreter. Jeder der Stellvertreter wird einzeln befragt, wie es im geht, wie er sich fühlt und was er wahrnimmt. Daraus ergeben sich dann alle weiteren Schritte. Von zentraler Bedeutung für eine Lösungsfindung ist dabei, ohne jegliche Vor-Annahmen, Konzepte oder Theorien an die aufgestellte Situation heranzugehen, um offen zu sein für das, was die Stellvertreter äußern, ihre Äußerungen insbesondere nicht zu bewerten oder kritisch zu hinterfragen. Mit andern Worten, von zentraler Bedeutung für den Prozess der Lösungsfindung ist es, den Äußerungen der Stellvertreter absolut zu vertrauen und damit die Situation so nehmen und gelten zu lassen, wie sie sich zeigt. Auf diese Weise wird sehr schnell deutlich, wo bzw. bei welchen der aufgestellten Personen die Probleme und damit auch die möglichen Lösungen liegen.
Die nächsten Schritte in einer Aufstellung bestehen dann darin, Lösungen für die sich zeigenden Probleme zu finden. Dazu werden in erster Linie klärende Dialoge zwischen den aufgestellten Personen initiiert. Das heißt, die Stellvertreter werden gebeten, etwas Bestimmtes zueinander zu sagen, was der Klärung und Lösung der Situation dienen soll. Die vorgeschlagenen Dialoge ergeben sich dabei allein aus der Wahrnehmung der Situation durch den Aufstellungsleiter. Die Stellvertreter werden dabei aufgefordert, darauf zu achten, ob ein vorgeschlagener Satz wirklich stimmt, das heißt, nachzuspüren, ob sich der Satz richtig "anfühlt". Sollte das nicht der Fall sein, wird der Stellvertreter gefragt, welcher Satz seinem Dafürhalten nach besser stimmen würde. Die Aufstellung ist in aller Regel dann beendet, wenn eine problematische Situation zur Zufriedenheit aller Beteiligten auf diese Weise geklärt werden konnte. Das heißt, salopp formuliert - wenn die richtigen Sätze gefunden worden sind.
Noch einmal: im Unterschied zu herkömmlichen logisch rationalen Problemlösungsmethoden versucht man hier nicht, die Wirklichkeit nach eigenem Gutdünken zu gestalten, sondern man setzt sich der vorgefunden Wirklichkeit aus, so wie sie ist und nimmt sie als "lebendiges Gegenüber", lässt sie auf sich wirken und wartet, was sich zeigt. Lösungen werden hier nicht gemacht, sondern in einem Trial-and-Error-Prozess gefunden. Man probiert schlicht und einfach, was geht und was nicht geht. Erkennen kann man das nur anhand der Reaktionen der Stellvertreter: sind sie damit einverstanden, fühlen sie sich damit wohl, was ihnen vorschlagen wird oder nicht. Wenn nicht, muss man weitersuchen.
Die Methode ist wie gesagt noch sehr jung und lässt zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch viele Fragen offen. Was sich allerdings immer wieder zeigt, ist, dass man auf diese Weise oft verblüffend einfache und tragfähige Lösungen für Probleme findet, die man zuvor auch durch noch so angestrengtes Nachdenken nicht lösen konnte. Denn, um an dieser Stelle einmal Hellinger, den maßgeblichen Begründer dieser Arbeit, zu zitieren: "was denkbar ist, ist meist verkehrt."
Literaturempfehlungen
Grochowiak, Klaus und Castella, Joachim (2001): Systemdynamische Organisationsberatung, Carl-Auer-Systeme Verlag Heidelberg
Horn, Klaus-Peter und Brick, Regine (2001): Das verborgene Netzwerk der Macht. Systemische Aufstellung in Unternehmen und Organisationen, GABAL Verlag Offenbach
Nelles, Wilfried (2003): Das Hellinger-Prinzip. Informationen und Klärungen, Herder Verlag Freiburg
Kontakt:bothe@hauptstadt.net
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