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Nachhaltiges Wissensmanagement
05. Oktober 2004 von Dr. Bernhard von GuretzkyDer Begriff der Nachhaltigkeit (sustainability) erfuhr in letzter Zeit eine Neubewertung, steht er doch nicht mehr nur für umweltschonendes Handeln mit Rücksicht auf die Generation unserer Kinder und Kindeskinder, sondern für jedes am Allgemeininteresse und unternehmerischen Nutzen ausgerichtete Wirken. Beim nachhaltigen Wissensmanagement oder kurz Wissensökologie geht es darum, Brücken zu schlagen oder Gräben zu schließen. Oder, um im Bild zu bleiben, eine Umgebung zu züchten bzw. zu pflanzen und zu pflegen, die dem Austausch und dem Schaffen von Wissen, das sich am gesellschaftlichen Fortschritt orientiert, förderlich ist.
Where is the wisdom we have lost in knowledge?
Where is the knowledge we have lost in information?
T. S. Eliot
Problemstellung
Verantwortung für die Umwelt ist in den siebziger Jahren mit Vehemenz ins öffentliche Bewusstsein gedrungen, diese Rücksichtnahme auf die materiellen Ressourcen des Planeten wird seit dieser Zeit mit dem Begriff Nachhaltigkeit umschrieben, der in letzter Zeit eine Ausweitung nicht zuletzt auch auf die immateriellen und scheinbar unerschöpflichen Ressourcen wie Kommunikation und Wissen erfahren hat, weil an die Stelle der natürlichen Rohstoffe als Grundlage der ökonomischen, sozialen und individuellen Entwicklung zunehmend Wissen getreten ist. Dabei geht es um eine Neubewertung des Begriffs; nicht mehr materielle Werte sind alleiniges Ziel menschlichen Handeln sondern zunehmend ethisch belegte Begriffe wie Wohlbefinden, Vertrauen, Mut, Offenheit und Glaubwürdigkeit, die damit auch zu Kernkompetenzen der Unternehmen werden, denn ohne eine aufrichtige Kommunikation im Innen- wie im Außenverhältnis sind künftig kostspielige Imageeinbußen zu befürchten. Nicht was machbar ist steht im Vordergrund, sondern was sinnvoll ist, was einem selbst und seiner Umgebung nutzt. Das Wohlsein (well-being) wird zum höheren Gut gegenüber dem Fetisch des Wirtschaftswachstums und persönlichen Reichtums. Es geht um Innovationen nicht der Innovation willen, sondern um jene, die tatsächlich von Nutzen sind. Nicht der Trockner für die Bremsscheiben ist ein Verkaufsargument sondern der Scheibenwischer, der für klare Sicht bei schlechtem Wetter sorgt
Die Schlüsselbegriffe der Wissensgesellschaft (so die Wortprägung von Peter Drucker Mitte der 90-iger Jahre) sind bahnbrechend im Vergleich zur Industriegesellschaft wie sie die vergangenen 150 Jahre herrschte: Eigenverantwortung, Selbststeuerung, Systemdenken und die Gestaltungsfähigkeit in Systemen, Kooperationswille, Selbstorganisation in Netzwerken (siehe auch [1]) sowie Nachhaltigkeit. Beim Übergang von der Industrie- zur Wissensgesellschaft geht es um diese Form der Individualisierung, in der der Einzelne seine Autonomie, seine Kreativität und seine Persönlichkeit nicht mehr beim Pförtner seines "Arbeitgebers" abgeben muss. Wirtschaft und Gesellschaft verlassen sich zunehmend auf die Energien, den Eigensinn und die Diversität - die Unterschiede zwischen den einzelnen Menschen, ihre Herkunft und Talente, ihre kulturellen Prägungen und Erfahrungen. Dabei geht es um Wissen, das Veränderung schafft, indem es die Basis für das Tun wird bzw. Menschen dazu in die Lage versetzt anders oder effektiver zu handeln.
Ziel dieses Artikels ist es, vor diesem Hintergrund die Wertschöpfung im Unternehmen durch Wertschätzung zu beleuchten und einer Kompetenz das Wort zu reden, in der das Denken und Handeln von Mitarbeitern wie des Unternehmens sich eben dadurch "nachhaltig" verändert, das Wissensprozesse auch ethische Grundbedürfnisse zu befriedigen haben. Es geht hier darum zu untersuchen, inwieweit Wissensmanagement dazu eingesetzt werden kann, Umweltveränderungen und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft zu beeinflussen.
Kompetente Unternehmen - Kernkompetenzen
Die Menschen werden zunehmend "wissenskompetenter", wie der Zukunftsforscher Mathias Horx es bezeichnet, d.h. sie erwerben die Kompetenz, aus verschiedensten Wissensquellen, die für sie wichtigen Informationen heraus zu destillieren. Diese Wissenskompetenz beruht sowohl auf
Maßstäbe also, die weniger im klassischen Sinne erlernbar sind, als vielmehr von der Persönlichkeit der handelnden Person bestimmt werden, indem das Privatleben sich mit dem Arbeitsleben vermischt und umgekehrt. Die Kompetenz des Unternehmens hängt somit an Entfaltung persönlicher Fähigkeiten der einzelnen Mitarbeiter.
Kompetenz muss sich auch in einer verbesserten Wertschöpfung niederschlagen. Denn technische Kompetenz allein erhöht zwar die Fangemeinde (siehe DEC oder Apple), aber erst die Umsetzungsfähigkeit von Wissen in Können führt zu Profit (siehe HP oder Dell). Wissen allein ist also noch nicht wertschöpfend und ein rein technologiebezogenes Wissensmanagement ist noch lange kein Garant für Wertschöpfung sondern für Wertvernichtung. Wertschöpfung wird damit (fast) zum Maßstab, ob Kompetenz Innovation oder Kunst ist. So betrachtet zeichnet sich ein kompetentes Unternehmen durch eine Wert- und Wertschöpfungsorientierung aus, die strikt auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet ist. Da das kompetente Unternehmen auf Eigenverantwortung setzt, muss eine partnerschaftliche, netzwerkorientierte und auf Vertrauen basierende Unternehmenskultur die Grundlage sein.
Kernkompetenzen, auf die sich ja jedes Unternehmen bekanntermaßen "besinnen" soll, bestehen aus einem ganzen Bündel von Fähigkeiten und Technologien. Sie stecken in den Produkten, den Herstellungsprozessen und in den Köpfen der Mitarbeiter (siehe auch [3]). Über welche Kernkompetenzen ein Unternehmen verfügt, lässt sich daran überprüfen, ob erstens diese vom Kunden überhaupt wahrgenommen werden (und damit die Möglichkeiten am Markt erhöht werden) und sie zweitens von der Konkurrenz nur schwer zu imitieren sind. Der Prozess der "Besinnung auf die Kernkompetenzen" ist nichts anderes als eine Kompetenzkrise und sollte als Chance genutzt werden, die eigene Positionierung am Markt zu überdenken, althergebrachte Produkte und Geschäftsprozesse zu überwinden und gegebenenfalls mit neuen Partnern diese aufgetretenen Widersprüche zu lösen. Denn genau diese Widersprüche bieten das Potenzial zu neuen Handlungsspielräumen und Gestaltungsmöglichkeiten.
Dies ins Politische übertragen, zeigt, dass Deutschland in der globalisierten Kompetenzgesellschaft viel besser aufgestellt ist, als das gemeinhin wahrgenommen und von Medien und Politik dargestellt wird. Es geht nicht darum, Inder, Chinesen oder Koreaner mehr schlecht als recht zu imitieren, sondern darum die Kompetenzplattform basierend auf Partnerschaftlichkeit (i.e. soziale Marktwirtschaft), Bewusstsein für Qualität und Nachhaltigkeit sowie der ausgeprägten Innovationsfähigkeit nicht nur im technologischen Bereich sondern insbesondere auch bei den Geschäftsprozessen zu stärken (siehe auch [5]).
Nachhaltigkeit durch Wissen
Wir leben in einer Gesellschaft, die immer stärker darauf angewiesen ist, ihre ökonomischen, sozialen, kulturellen und ökologischen Anliegen zum Wohle aller langfristig auszutarieren. Dabei hilft es, dass wir zunehmend in elektronischen Räumen leben und diese virtuelle Welt genau wie die natürliche Umwelt nach Prinzipien der Nachhaltigkeit gestaltet werden muss. Und obwohl auch die globalisierte Wissensökonomie nicht zu einer Dematerialisierung der industriellen Produktion führen wird, was schon die enorme Ausweitung des Welthandels und die damit einhergehende Explosion der Frachtraten belegt, müssen gerade Innovationen dazu beitragen,
Dem Wissensmanagement kommt dabei die Rolle zu, Verteilungskonflikte um die Ressourcen dadurch zu entschärfen, Wissen dort einzusetzen, wo es dem Abbau der Belastung der Umwelt und dem Einsatz einer nachhaltiger Entwicklung dient. Ein in diesem Sinne verstandenes nachhaltiges Wissensmanagement dient dann zur Gestaltung unserer Umweltbedingungen (siehe auch [6]), wenn die Konsequenzen wirtschaftlicher Entwicklungsprozesse sowohl auf die Umwelt wie auch auf das soziale Gefüge der Gemeinschaft neben den rein technischen Fragestellungen mit berücksichtigt werden. Nachhaltiges Wissensmanagement dient hier also der Sicherung der natürlichen Ressourcen, indem Wissen über den Zusammenhang des Verbrauchs dieser Ressourcen und der Umweltbeschädigung kreiert und verteilt wird und damit geeignete nachhaltige Verfahren in allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft gefördert werden.
Nachhaltigkeit, also ein nicht ausschließlich verbrauchender oder verwertender Umgang mit Wissen, heißt damit auch, den gesamten Lebenszyklus der Produkte - von der Idee bis zur Entsorgung mit all seinen Auswirkungen - in den Entwicklungs- und Wissensprozess einzubeziehen. Und für Unternehmen, die das sozial- und umweltbezogene Wissen auch in ihre Produktstrategie und Geschäftsprozesse einfließen lassen, eröffnen sich nicht nur neue Geschäftsfelder sondern auch Alleinstellungsmerkmale gegenüber Konkurrenten. Damit nachhaltiges Wissensmanagement zum strategischen Wettbewerbsvorteil werden kann, sind die Lernmöglichkeiten der Mitarbeiter und die Vielfältigkeit von Standpunkten und Sichtweisen zu fördern. Dies erfolgt etwa durch eine ausführliche Dokumentation von Lessons Learned und Best Practices speziell für nachhaltig durchgeführte Projekte, um das Verständnis für den Nachhaltigkeitsfaktor zu betonen.
Im Gegensatz dazu basieren "Bad Practices" - schlechte Angewohnheiten also - auf schlecht genutztem Wissen ohne Ethik, Normen oder Richtlinien und ohne sich weitergehenden Fragen nach den Folgen seines Handeln zu stellen. Solch schlecht genutztes Wissen unterminiert langfristig die Lebensfähigkeit eines Unternehmens, oder wie es der Philosoph Karl Popper ausgedruckt hat: "Kill the worst ideas before they kill us." Ein einzelnes Unternehmen wie die Gesellschaft als Ganzes tut sich daher einen schlechten Dienst, solange es Innovationen hervorbringt, die einerseits auf kostspielig generiertem Wissen basieren und andererseits die wahren Kosten für die Gesellschaft verschleiern (siehe die Entwicklung und Nutzung der Atomenergie zur Energieerzeugung). Genau hier setzt nachhaltiges Wissensmanagement ein, indem der Schwerpunkt des Lernens und Adaptierens von Wissen nicht nur die Performanz der einzelnen Mitarbeiter erhöht, sondern die Wirkung der Aktivitäten des gesamten Unternehmens auf die Umwelt minimiert (siehe auch [7]).
Durch die explosionsartige Generierung neuen Wissens und dessen Anwendung in Produkten und Dienstleistungen, können Risiken bisher unbekannter Art hervorgebracht, wodurch einerseits neue Wissenslücken sichtbar werden, die wiederum neuen Entscheidungsbedarf signalisieren. Andererseits nehmen mit der beschleunigten Produktion und Anwendung von Wissen und dessen fortwährender Wiederverwendung riskante Entscheidungen und vor allem nicht gewollte Folgen dieser Entscheidungen rapide zu. Gerade hier hilft ein nachhaltiges Wissensmanagement, Wissenslücken zu schließen und Entscheidungen mit ungewissen Ausgang vorzubereiten.
Nachhaltigkeit von Wissen: Wissensökologie
Die Welt, in der wir leben, wird zunehmend komplexer und zwar nicht nur deshalb, weil das Wissen in der Physik, Chemie oder den Ingenieurwissenschaften sich alle paar Jahre (angeblich) verdoppelt, sondern insbesondere deshalb weil die Abhängigkeiten zunehmen. Plötzlich spielen Ökologie, Soziologie, Psychologie oder selbst die Kunst eine ständig wachsende Rolle weil wir unsere Welt als systemisches Ganzes wahrnehmen; wir haben es mit einer Ökologie der Wissenschaften zu tun. Vor diesem Hintergrund steht der Begriff Wissensökologie für die Perspektive, der Wichtigkeit von Beziehungen und der Verschiedenheit von Wissen sehr viel mehr Raum zu geben. Dabei soll die Isolierung des Denkens oder die Ausrichtung auf ein Ziel, ohne dabei die Verbindungen zu anderen Aufgaben und die Auswirkungen seines Tuns zu berücksichtigen, überwunden werden.
Mit dem Begriff der Wissensökologie wird jedoch ein Widerspruch provoziert, da sich die Frage stellt, wie Nachhaltigkeit von Wissen begründet werden soll, fällt doch das entscheidende Argument der prinzipiellen Knappheit dieser Ressource fört. Zwar wird Wissen aus Wettbewerbsgründen künstlich knapp gehalten; diese Politik ruft jedoch eine Gegenbewegung auf den Plan, die auf eine nicht-proprietäre Wissensökonomie, eine nachhaltige Wissensgesellschaft eben (siehe auch [8]) hinausläuft. Diese Entwicklung lässt sich an den immer heftiger geführten Diskussionen um das Copyright und Digital Rights Management ablesen, mit der der künstlichen Verknappung der Ressource Wissen entgegengetreten wird. Praktische Auswirkungen dieser Diskussion zeigen sich an der fast kostenfreien Abgabe von AIDS-Medikamenten durch die Pharmaunternehmen in den am ärgsten von dem Virus befallenen Ländern.
In diesem Sinne ist es "ökologisch", organisatorische Strukturen zu schaffen, die das Wachstum von Wissen nachhaltig fördern. Diese Lernstrukturen haben offen zu sein und sind eher zu pflegen und zu unterstützen als zu managen; kreative Prozesse oder Erfindungen werden nicht gemanagt sondern die Markteinführung dieser Ergebnisse. Die Wissensökologie ist somit eine Abkehr von dem rein mechanistischen Ansatz des Wissensmanagement. Konkret geht es dabei darum: Informationen müssen aus ihrem Kontext heraus interpretiert werden, nur so können sie zu Handlungswissen werden. Diese kontextuellen Interpretation beruhen auf Werten, auf einer zeitlich und räumlich abhängigen Ethik und damit verbundenen Zielen. Diese Werte bewusst zu machen, sie als Wissen zu explizieren und damit praktizierte Gewohnheiten immer wieder zu hinterfragen und die damit verbundene Ignoranz zu bekämpfen (siehe auch [5] im speziellen Fall der Wiederverwendbarkeit in der Softwareentwicklung), das ist die Aufgabe der Wissensökologie.
Folgende Grafik soll die Vernetzung der Wissensarbeit mit den persönlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Werten einerseits und den konkreten Projektanforderungen andererseits verdeutlichen; Wissensziele gibt es nicht nur auf Unternehmensebene sondern ebenso auf der Ebene des einzelnen Mitarbeiters und der Gesellschaft. Darauf beruht die oben schon erwähnte Abkehr vom vorwiegend mechanistischen bzw. werkzeugorientierten Ansatz des Wissensmanagement hin zu einer verhaltensorientierten Betrachtung, in der die Verständlichkeit und Nützlichkeit für das "Gesamtsystem Mensch und Umwelt" im Vordergrund steht: Wissen bekommt somit einen Zweck, der nicht ursächlich im Erkennen oder Beherrschen liegt, sondern in der Fähigkeit, "Gutes" zu tun, also in der Betonung längerfristiger und dauerhafter Wissensziele, die der individuellen und gesellschaftlichen Weiterentwicklung untergeordnet sind.
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Abb. 1: Nachhaltiges Wissensmanagement |
Ein weiterer Aspekt der Nachhaltigkeit von Wissen drückt sich in der Wiederverwendbarkeit von Wissen aus, das in Produkten und Dienstleistungen gespeichert ist. Mit Wiederverwendbarkeit ("reuse") wird dabei der Prozess bezeichnet, wo bereits entwickelte, validierte und verifizierte Elemente katalogisiert und gespeichert werden, um sie in nachfolgenden Anwendungen und Entwicklungen wieder zu benutzen. Durch das Wiederverwenden von Objekten beginnt der Entwicklungsprozess nicht immer wieder von vorn, sondern bessere (bessere Qualität, höhere Zuverlässigkeit) Produkte können i.A. mit weniger Aufwand erstellt werden (siehe auch [4]). Dabei ist die Wiederverwendung von "Wissenskomponenten" nicht individuell zu handhaben, sondern auf Unternehmensebene zu regeln. Insbesondere der Validierung und Verteilung von Kunden- und Produktwissen kommt dabei eine große Bedeutung zu, wobei dafür Vorkehrungen zu treffen sind, dass angesichts des raschen Wechsels von Hard- und Softwarearchitekturen Wissen auch über lange Zeiträume elektronisch zur Verfügung steht, indem die Hilfsmittel, mit denen das Wissen dargestellt wurde (Compiler, Bearbeitungsprogramme etc.), ebenfalls langfristig archiviert werden. Um die Interoperabilität der verschiedensten Systeme und Organisationseinheiten über einen langen Zeitraum hinweg sicherzustellen, ist der Einsatz vom Metawissen zur Beschreibung der Wissenselemente unverzichtbar. Dazu gehört etwa der kulturelle Rahmen eines Unternehmens, die gemeinsamen Visionen, Werte Prinzipien und Verhaltensnormen sowie gemeinsame "Geschichten", damit aus dem Wissen der Gegenwart und Vergangenheit Nutzen gezogen werden kann. Die technischen wie organisatorische Fragen einer Langzeitarchivierung von Wissen sind Bestandteil eines nachhaltigen Wissensmanagements.
Ein weiterer Aspekt eines nachhaltigen Wissensmanagement ist der freie Zugang zu Wissen, denn Wissen ist Allgemeinbesitz der Menschheit und damit vom Prinzip her frei. Und obwohl das kommerziell in den Unternehmen geschaffene Wissen noch als Privateigentum gehandhabt wird, darf es aus Gründen der Nachhaltigkeit langfristig nicht vollständig zur privaten Nutzung zurückgestellt werden, ist es doch das Reservoir, aus dem neues Wissen geschaffen wird. Je freizügiger der Umgang mit Wissen gestaltet wird, desto höher ist die Innovationsrate eines Unternehmens - und ganz nebenbei der Transparenzgrad der Gesellschaft. Hier ist auf eine wirksame Balance zwischen privater, kommerzieller Nutzung einerseits und einer öffentlichen, freien Nutzung von Wissen andererseits hinzuwirken. Obwohl dieser Standpunkt eine Graus für die professionellen Geheimniskrämer gerade in größeren Unternehmen ist und auf deren entschiedene Ablehnung stoßen wird, weil die sicher nicht unerheblichen Investitionen für die Generierung eben dieses Wissens geschützt werden müssen, so ist dabei doch zu bedenken, das die Umsetzung von Wissen in Innovation eher in einem Klima der Offenheit und des Austauschs als in einem der Geheimhaltung gedeiht.
Unternehmensethik
Ein solches Klima der Offenheit und des Austauschs kann nur dann gedeihen, wenn das Unternehmen seine Verbundenheit mit der Gesellschaft anerkennt und begreift, dass es auf neue und vielfältige Erfahrungen seiner Mitarbeiter angewiesen ist. Solange der Mitarbeiter mehr als Produktionsmittel und Kostenfaktor betrachtet wird denn als potenzieller Wissensträger und damit Gestalter der Zukunft, besteht die Gefahr, eben diesen Gestalter der Zukunft als faules, passives und desinteressiertes Individuum zu behandeln und mehr Ergeiz auf dessen Kontrolle denn Freiräume zu legen. Damit macht man vielleicht die Menschen gefügig und manipulierbar, aber dessen Kreativität wird dadurch sicherlich nicht gefördert. Wie soll in einem solchen Klima Innovation, Verantwortungsbewusstsein für die Umwelt, Einsatzwille und Qualitätsbewusstsein gedeihen? Außerdem widerspricht dies schlicht der Erfahrung, dass Mitarbeiter leistungsbereit sind, wenn sie denn gelassen werden.
Das Betriebsklima erfolgreicher Unternehmen basiert nicht mehr auf internen Machtstrukturen sondern wird durch den Bewusstseinsgrad seiner Mitarbeiter bestimmt. "Ober sticht Unter" ist ein Überbleibsel der industriellen Revolution, funktioniert aber nicht mehr in der Wissensgesellschaft. Trotzdem werden immer noch viele Wissensbetriebe wie klassische Industriebetriebe geführt, obwohl es diese klassischen Industriebetriebe im Grunde genommen schon lange nicht mehr gibt. Ob Linie oder Matrix, diese starren Organisationsformen müssen anpassungsfähigen und auf Individuen zugeschnittenen Netzwerkorganisationen weichen, die auf Selbstmanagement und Eigenverantwortung der Beteiligten basieren.
Insbesondere unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit geht es darum, hinter den Geschehnissen um einen herum, einen Sinn auszumachen und in der Lage zu sein, darüber zu kommunizieren. Derjenige, der erkennt, dass er der Schöpfer seiner eigenen Realität mit all ihren Schatten- und Lichtseiten ist, übernimmt ganz automatisch Verantwortung für sich und sein Umfeld. Oder wie es der Informationstheoretiker Leo Nefiodow ("Der sechste Kondratieff") ausdrückt: "Erstmals in der Geschichte der Menschheit wird wirtschaftlicher Erfolg nicht mehr von technischen Innovationen und Rohstoffen abhängen, sondern von Fortschritten im Menschlichen". Denn die Wirtschaft steht im Dienst des Menschen, obwohl die Realität noch zu oft das Gegenteil suggeriert.
Die in Abb. 1 dargestellte Einbettung des Wissensmanagements in den gesellschaftlichen wie persönlichen Kontext der Mitarbeiter gilt in höherem Maße auch für das Unternehmen, mit seiner meist sehr viel längeren und komplexeren Geschichte und des sich daraus entwickelten Wertesystems. Ohne Ethik funktioniert kein menschliches Zusammenleben und keine Gesellschaft. Unternehmen ohne innere ethische Werte haben auf lange Sicht keine Überlebenschance wie die Beispiele von Arthur Andersen, Enron, Shell oder Vivendi zeigen. Entweder verschwinden sie vom Kurszettel oder sie müssen sich dieser Wertediskussion umso vehementer stellen. Nur das Unternehmen mit einer auf Offenheit, Vertrauen, Verlässlichkeit, Fairness und gegenseitigem Respekt gegründeten Kultur und Personen, die diese Leitbilder vorleben, wird sich erfolgreich am Markt behaupten, schon allein aus dem Grund, da es die qualifiziertesten und einsatzfreudigsten Mitarbeiter anzieht.
Innovative Unternehmen werden daher ihre Unternehmenskultur versuchen herauszustellen, nicht nur um sich mit dem Etikett der Nachhaltigkeit zu schmücken sondern auch, um die Gestaltungsmöglichkeiten und Lernchancen für ihre Mitarbeiter zu betonen. Der zur Zeit in aller Munde geführte Begriff des lebenslangen Lernens und der damit verbundenen Aufforderung an jeden Einzelnen, sich dieser Anforderung zu stellen, schreckt sicher den einen oder anderen ab, der sich in seiner Selbstgefälligkeit und Langeweile gestört fühlt. Nur wenn man sich der Veränderung stellt und Risiken eingeht, wird man letztlich eine Überlebenschance haben. Dabei geht es zwar nicht mehr um die tägliche Nahrungssuche - die ist durch die Gesellschaft sichergestellt - sondern um die eigene Fähigkeit sich selbst und seine Umgebung stets neu zu erfinden. Schon aus Überlebenswillen wird man also die Herausforderungen annehmen, die innovative Unternehmen an ihre Mitarbeiter stellen.
Die neue Ethik der Investoren
Wirtschaftsethik ist eine angelsächsische Erfindung - vielleicht weil dort die größten Betrügereien geschahen und immer noch geschehen wie die Fälle Enron oder Worldcom zeigen. Die Ethik macht soziales Zusammenleben erst möglich und spielt daher im Unternehmen eine ganz wesentliche Rolle. Umso erstaunlicher ist es, das ethische Fragen wie Vertrauen, Respekt und Wahrhaftigkeit in diesem Umfeld erst seit relativ kurzer Zeit explizit diskutiert werden, sind sie doch Basis für das innere Wohlergehen und damit auch für den wirtschaftlichen Erfolg eines jeden Unternehmens. Dem Wissensmanagement kommt dabei die Rolle der unterstützenden Technologie zu (siehe auch [2]).
Für Investoren wie Rankingfirmen spielen deshalb zunehmend Aspekte wie Weiterbildungsmöglichkeiten, Chancengleichheit oder Kinderbetreuung eine Rolle ebenso wie eine partnerschaftliche und aufrichtige Unternehmenskultur, nachhaltiges Wirtschaften oder Engagement für Kultur, Umwelt und die Region. Die Profitabilität wechselt damit ihren Stellenwert, ist sie doch nicht mehr Ziel sondern vielmehr Gradmesser für erfolgreiches und den Menschen dienendes Wirtschaften. Eine solche Unternehmenskultur wird etwa im Dow Jones Sustainability Index oder dem FTSE4Good Index bewertet, in dem weltweit über 800, davon 24 deutsche Unternehmen gelistet sind, die sich der Nachhaltigkeit ihrer Produkte und Produktionsprozesse verschrieben haben und sich dabei ihrer besonderen Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern und Kunden bewusst sind. Folgende Punkte werden bei den Aktienindizes gewichtet (siehe auch [9]):
Strategie: | Ausrichtung auf eine langfristig angelegte Firmenstrategie, in die Umwelt- und soziale Aspekte einbezogen werden. |
Finanzen: | langfristig ausgelegte Profitabilität der Aktie einhergehend mit einer offenen und verlässlichen Kommunikationspolitik gegenüber den Investoren |
Kunden: | Kundenfreundlichkeit durch ein aktives unternehmensweit eingesetztes Customer Relationship Management |
Produkte: | Nachhaltiger Umgang von finanziellen, natürlichen und sozialen Ressourcen bei der Produktentwicklung |
Corporate Governance: | Durchsetzung von höchsten Standards für Corporate Governance und Verhaltenscodices |
Mitarbeiter: | Einsatz betrieblicher Weiterbildungsmaßnahmen und Wissensmanagement als Bestandteil der Personalpolitik. |
Diese Einstellung schlägt sich in folgenden Worten des amerikanischen Journalisten David Brooks ("Bobos in Paradise") nieder: "Business is not about making money; it"s about doing something you love."
Links
[1] B. v. Guretzky: "Wissensnetzwerke"; http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/wissensnetzwerke/
[2] B. v. Guretzky: "Die Rolle des Wissensmanagement bei der Sanierung von IT-Unternehmen"; http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/die-rolle-des-wissensmanagement-bei-der-sanierungvon-it-unternehmen/
[3] B. v. Guretzky: "Schritte zur Einführung des Wissensmanagements: Definition und Bewertung von Wissenszielen"; http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/schritte-zur-einfuehrung-des-wissensmanagements-definition-und-bewertung-von-wissenszielen-teil/
[4] B. v. Guretzky: "Wissensmanagement und Software Engineering: Wiederverwendbarkeit "; http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/wissensmanagement-und-software-engineering-wiederverwendbarkeit/
[5] W. Felser: "Die kompetente Gesellschaft: Wege aus der Krise"; www.competence-site.de/wissensmanagement.nsf/0/ 270350339bf8e64cc1256cd9005c2776?OpenDocument
[6] V. Schreibman: "Knowledge Management for the Betterment of Humankind"; www.ifla.org/VI/5/op/udtop6/udt-op6.pdf
[7] M. W. McElroy: ""Deep" Knowledge Management"; www.macroinnovation.com/images/DeepKMbyM.W.McElroy.pdf
[8] R. Kuhlen: "Bausteine zur Entwicklung einer Wissensökologie"; www.boell.de/downloads/bildung/globale_gueter.pdf
[9] Dow Jones Sustainability Indices; www.sustainability-indexes.com/htmle/sustainability/corpsustainability.html
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