Chancen und Risiken von Knowledge Management in interorganisationalen Kompetenzzentren

    10. Dezember 2006 von Mag. Mag. Waltraud Grillitsch, Mag. Mag. Alexandra Müller-Stingl, Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Robert Neumann

    Der Artikel beleuchtet die Bedeutung von Wissensmanagement für die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sowie den Entstehungshintergrund, die Zielsetzungen und Aufgaben von Kompetenzzentren. Insbesondere wird das Augenmerk auf kollaborativen Wissensaustausch gelegt, die damit verbunden Herausforderungen und Erfolgsfaktoren werden analysiert. Am Beispiel eines interdisziplinären Kompetenzzentrums wird die Visualisierung von Wissen anhand einer Wissensüberblickslandschaft vorgestellt. Dies beinhaltet das Konzept und Design der Wissenslandkarte in Form einer Roadmap und die zu beachtenden Stolpersteine und wesentlichen Erfolgskriterien bei der Implementierung der Wissenslandkarte. Im Folgenden wird der Balanceakt der Kompetenzzentren zwischen Theorie (Forschung) und Praxis (Anwendung in Projekten) dargestellt. Abschließend werden systemtheoretische Überlegungen im Hinblick auf Kompetenzzentren angestellt und Voraussetzungen für eine erfolgreiche wissensorientierte Kooperation zusammengefasst.

    1. Bedeutung von Wissensmanagement

    Intelligente Produkte mit integriertem Wissen von hoch spezialisierten Wissensarbeitern erhöhen den Marktwert von Unternehmen und das Wissen bzw. die Kompetenzen von Mitarbeitern bestimmt deren Wettbewerbsposition am Arbeitsmarkt. Wissen als Produktionsfaktor und immaterielle Ressource muss somit auf vielfältige Weise aktiv bewirtschaftet werden. Dies wurde zur primären Zielsetzung des Wissensmanagements, indem Wissen auf organisierte Weise erworben, erweitert, ausgetauscht und in Form von beispielsweise Innovationen transformiert wird. Innerhalb jener Unternehmen, welche die strategische Bedeutung von Wissen erfasst und in ihre Zielkataloge integriert haben, wurde die Bedeutung einer geeigneten organisationalen Begleitung nach anfänglich primär IT-orientierten Wissensmanagement-Zugängen erkannt, woraus in vielen Fällen auch organisatorische Veränderungsprojekte resultieren, um jene Begleitmaßnahmen zu setzen, die für die Erweiterung, Revision und produktive Nutzung der eigenen Wissensbasis entscheidend sind. In diesem Zusammenhang ist von einem "Management für Wissen" (Neumann, 2000) auszugehen, was so viel bedeutet, wie die Entwicklung, Gestaltung und Erneuerung von konstruktiven Rahmenbedingungen, welche die Wissenskernprozesse begünstigend beeinflussen.

    Als weitaus größere Herausforderung in diesem Zusammenhang wird der Austausch von Wissen zwischen kooperierenden Unternehmen und/oder Institutionen erkannt, da hier die Barrieren noch weitaus vielfältiger sind als auf innerbetrieblicher Ebene. Kooperationen können von folgenden Barrieren blockiert sein, wie z.B. fehlende gemeinsame Ziele, zu große kulturelle Unterschiede, Konkurrenzdenken, Dominanzansprüche, mangelndes Vertrauen, fehlende Spielregeln der Zusammenarbeit, mangelhafte Koordination, wenig Eigeninitiative (Abwartepositionen), opportunistisches Verhalten und unklare Kunden-Lieferanten-Verhältnisse. Es fehlt sozusagen an Bedingungen, die ein kooperatives Agieren und damit eine Vertiefung (durch konkrete Anwendung erworbenen Wissens), Erweiterung (Erwerb und Hinzulernen von neuem Wissen), Revision (bewusstes Reflektieren und Revidieren bestehender Wissensbestände) und Erneuerung von Wissen in Unternehmensnetzwerken begünstigen. Verstärkt entstehen daher aus Initiativen von Bund, Land, Gemeinden oder aus privater Hand Zentren, an die konzentrierte, koordinierte unternehmensübergreifender Wissensmanagement-Aufgaben übertragen werden, mit dem Ziel, zum Knotenpunkt von gebündeltem Know-how und Kompetenzen zu werden, was allen beteiligten Partnern aufbereitet zur Verfügung gestellt werden soll. Sie dienen in dieser Hinsicht einer wirtschaftspolitischen Regionalentwicklung und sollen die Produktivkraft der jeweilig partizipierenden Unternehmen stärken. Deren Aufgaben konzentrieren sich z.B. auf Betriebsansiedlungen, Unterstützungsleistungen bei Unternehmensgründungen, Entwicklung von Aus- und Weiterbildungsprogrammen, Erstellung von firmenübergreifenden Wissensdatenbanken, Koordination von unternehmensübergreifenden Projektarbeiten, konzentrierter Forschung und Entwicklung, bzw. Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen aus Unternehmenskooperationen.

    2. Entstehungshintergrund, Zielsetzungen und Aufgaben von Kompetenzzentren

    Diese Wissens- bzw. Kompetenzcluster an der Nahtstelle zwischen den am Netzwerk beteiligten Unternehmen sind meist aus Vertretern der jeweiligen Unternehmen zusammen-gesetzt und bilden eine eigene Art Wissens- bzw. Praxisgemeinschaft. Durch die Transdisziplinarität dieser Gemeinschaft entsteht im Inneren eine "produktive Spannung" bzw. "kreative Reibung" (Leonard-Barton/Straus, 1998) wodurch Wissen entwickelt bzw. erweitert wird. Diese transdisziplinär zusammengesetzten Teams erfüllen primär Dienstleistungsfunktionen. Sie sollen Wissen aber auch konkrete anwendungsorientierte Problemlösungen (Lessons Learned) sammeln, generieren, mit externen Wissensträgern ("Leading-edge-Institutionen", Drittfirmen, Beratungsunternehmen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen usw.) austauschen und für eine Speicherung bzw. Diffusion innerhalb der jeweiligen Organisation sorgen. Sie haben die Aufgabe, für die Identifizierung, den Transfer und die Weiterentwicklung von geschäftsrelevantem Wissen zu sorgen. D.h. das gebündelte Wissen soll in die Kern-, Support- und Managementprozesse integriert werden, sodass insgesamt die Wissens-Performance der jeweiligen Unternehmen erhöht werden kann. Firmenspezifisches Wissen ist im Vergleich zu produktspezifischem Wissen wesentlich tiefgründiger und nachhaltiger (Oelsnitz, 2005). Zum Gelingen eines Transfers bzw. einer Integration von Wissen bedarf es der Aktivierung des verteilten und spezialisierten Wissens, der Balancierung von Perspektiven, der Lösung von strukturimmanenten Widersprüchen und Zielkonflikten, der Bereitstellung und Verarbeitung von Steuerungswissen und der Sicherung von Erfahrungen (z.B. durch regelmäßige Reflexionsmeetings).

    Diese Kompetenzzentren bilden eine Kommunikations- und Wissensplattform als ergänzende bzw. parallele adhocratische Konzeption, die Prozesse des Lernens und der Erneuerung bzw. Wissensgenerierung -verteilung und -integration aufgrund von Knowledge-Network-Aktivitäten begünstigt. D.h. sie knüpfen und pflegen Netzwerke zwischen Wissensträgern, um die Entstehung von Wissen auf Individual-, Gruppen-, Organisations- und Interorganisations-Ebene zu ermöglichen (vgl. Seufert/Seufert, 1998). Dazu führen sie auch Benchmarking-Aktivitäten durch und sammeln "Best-Practices" sowohl innerhalb wie außerhalb der Unternehmen. Dadurch werden sie zu einem kompetenten Partner für interne Nachfragen wie auch für den Austausch von Wissen in interorganisationalen Beziehungen. Es werden kommunikative Verbindungen und Sinnzusammenhänge zwischen Subsystemen (Unternehmensbereiche) bzw. zwischen System und Umwelten (Forschungseinrichtungen, Kooperationspartner, Kompetenzzentren usw.) hergestellt. Zur Erfüllung dieser Aufgaben sind diese Wissens-/Kompetenzcluster selbst als wissensgenerierende Lerngemeinschaften ("Learning Laboratories" aus Praktikern, Forschern und Beratern/Trainern) zu organisieren, die gemeinsame Praxisfelder und Erfahrungen zum Anlass des Lernens nehmen und ein eigenes Wissensschöpfungssystem kreieren (vgl. Senge/Scharmer, 1997).

    Diese Wissens- bzw. Kompetenz-Cluster koordinieren die internen Wissensmärkte, indem sie Angebot und Nachfrage an Wissen überblicken und für einen dementsprechenden Austausch sorgen. Sie beobachten nicht nur externe Wissensmärkte, sondern erkunden und dokumentieren (z.B. mittels Intranet-Lösungen) auch das aufgrund von Selbststeuerungs- und Selbstorganisationsprozessen generierte Wissen in den jeweiligen Management-, Kern- und Supportprozessen der Unternehmen. Es werden Wissenspotenziale und bislang unausge-sprochene Vermutungen in den Diskurs von Gruppen gebracht, individuelles Wissen und Erfahrungen aktiviert, mit anderen Stellen konfrontiert, was zu konstruktiven Diskursen, kollektiven Erkenntnisprozessen und einer Lernkultur führt.

    3. Erfolgsfaktoren für die Wirksamkeit von Kompetenzzentren

    Kompetenzzentren als Wissens- und Kompetenzcluster wissen das implizite Wissen aus der Interaktion ihrer Mitglieder zu nutzen. Ihr Zusammenspiel erbringt eine Kompetenz, die weit mehr ist, als die bloße Addition des jeweils individuellen Wissens in den Köpfen der Mitglieder. Damit werden sie zu Treibern der Wissensentwicklung und der Kompetenz eines Netzwerkes, weil sie das Wissen in ihrer täglichen Interaktionspraxis verkörpern. Kollaborative sind nicht nur durch eine hohe Kommunikationsdichte gekennzeichnet, sondern vor allem durch ein hohes Maß an Interaktionspraxis, da ihre Aufgabe im Entwerfen, Vorantreiben und Umsetzen von Projekten besteht - sie müssen "nicht-triviales Organisieren" meistern (Schmitz/Zucker, 2003). Ferner werden durch ein mitlaufendes Reflektieren "Lessons Learned" sowie Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren erarbeitet, die weiteren Projektteams zur Lern- und Effektivitätsförderung dienen sollen.

    Eine konstruktive Projektevaluation schafft Wissen und bildet die Basis für Prozesse der Wissensspeicherung und -integration, vorausgesetzt es kommt zu einer kooperativen Sicherung der Erfahrungen aller Beteiligten, zu einer realitätsgerechten Verarbeitung dieser Erfahrungen, zur Offenlegung von Interessensgegensätzen und Konflikten, zur Stärkung der Vertrautheit untereinander und informellen Beziehungen, zur Förderung des wechselseitigen Verständnisses und der Motivation zum Verstehen-wollen und vor allem zur Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen auf der Basis eines gemeinsamen Konsenses über die Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren eines Projektes (Lullies/Bollinger/Weltz, 1993). Obendrein bedarf es klarer Zielsetzungen, einer Transparenz hinsichtlich wechselseitiger Erwartungen, Identifikation mit den Aufgaben, Bewusstsein für eigene Stärken und Schwächen, Rollentransparenz und ausreichende Ressourcenausstattung, also insgesamt all jene Faktoren, die ein Gelingen von Team- und Netzwerkarbeit begünstigen. Damit Kompetenzzentren ihre Produktivkraft als Stätte der Produktion und Integration von Wissen auch tatsächlich entfalten können, sind abgestimmte Interessens-, Erwartungs-, Handlungs- und Sprachkontexte mit dementsprechenden Spielregeln notwendig. Darüber hinaus bedarf es daher aus unserer Sicht einer Fülle an fördernden Rahmenbedingungen, die sich im Sinne von Leitlinien wie folgt zusammenfassen lassen:

    • Entwicklung und Kommunikation gemeinsamer Wissens-Ziele seitens der Gründer eines Kompetenzzentrums
    • Klares Commitment der beteiligten Partner eines Kompetenzzentrums
    • Transparente Basisfinanzierung und Ressourcenausstattung mit definierter Widmung
    • Rekrutierung von Fachpersonal entlang der bestimmten Kompetenzfelder
    • Identifikation und Transparenz von Wissensressourcen mittels einer Wissenslandkarte
    • Gestaltung einer organisationalen Wissensordnung (Strukturen, Programme, Standards, Routinen, Spielregeln, Kulturprinzipien)
    • Handlungsspielräume zur Förderung der Autonomie
    • Förderung netzwerkartiger und funktionsübergreifender Zusammenarbeit in Forschungs-, Arbeits- und Projektteams
    • Selbstregulative Kontroll- und Sanktionsmechanismen
    • Leistungsfördernde Anreiz- und Belohnungssysteme (incentives), die zu Aktivitäten der Wissensgenerierung, -diffusion und -anwendung ermutigen und kooperatives Denken und Handeln belohnen (siehe dazu auch Hansen/Nohria/Tierney, 1999)
    • die Förderung einer hohen Interaktionsdichte
    • die Verwendung einer gemeinsamen (Alltags-)Sprache (vgl. Krogh/Roos/Slocum, 1994,)
    • der Zugang zu transparenten Informationssystemen
    • konstruktive und lernfördernde Fehlerhandhabung (Vermeidung des "Sündenbock-Syndroms");
    • Etablierung wissensgenerierender Feedbacksysteme
    • der Aufbau von internen und externen Wissensmärkten (North, 1998)
    • die Herstellung gemeinsamer Erfahrungskontexte, sodass Wissen in einer gemeinsamen Praxis ("community of practice") durch konkretes Tun entwickelt und genutzt werden kann.

    Von entscheidender Bedeutung sind weiters kulturelle Spielregeln der Zusammenarbeit, die Vertrauen und grenzüberschreitendes Denken und Handeln fördern. Ohne wechselseitiges Vertrauen sind Wissensinitiativen gewissermaßen zum Scheitern verurteilt. Vertrauen muss dazu primär zwei Anforderungen entsprechen. Erstens muss Vertrauen sichtbar bzw. erlebbar sein, d.h. die Organisationsmitglieder müssen das Prinzip der Wechselseitigkeit unmittelbar erfahren. "Geben und Nehmen" sind im Zusammenhang mit Wissensaustausch und -transfer insbesondere ein Grundpfeiler von "Knowledge-Communities" (Schmidt, 2000). Vertrauen muss auf Führungsebene beginnen, da Führungskräfte eine Vorbildfunktion besitzen und ständigen Beobachtungen anderer Organisationsmitglieder ausgesetzt sind (Davenport/ Prusak, 1998).

    Wenn man von Wissen spricht, muss man auch über kompetentes Handeln reden, durch welches Wissen Anwendung findet, reproduziert und weiterentwickelt wird. Deshalb geht es bei Wissensmanagement-Aktivitäten in Kompetenzzentren in erster Linie auch um die Frage, wie das Wissenspotenzial in erfolgreiche Praktiken umgesetzt werden kann. Damit haben sich Kompetenzzentren nicht nur um Antworten auf Fragen der Erfassung, Speicherung und Dokumentation von Wissen zu kümmern, sondern auch um das Organisieren von Wissensintegrationsprozessen durch Anwendung, Aktion, Methode, Verfahren und Interaktion. Durch konkretes gemeinsames Handeln und Anwendung neuer Problemlösungen kommt es zu einer Veränderung von Wissen, denn in Handlungen wird nicht nur Wissen eingesetzt sondern auch (re)produziert. Insbesondere durch eine erfolgreiche Anwendung erfolgt eine neuerliche Reproduktion dieses Wissens, womit es institutionalisiert und somit zur "Normalität" in der jeweiligen Unternehmung wird. Kompetentes Handeln impliziert auch, dass die Kompetenzen von Netzwerkakteuren in Kompetenzzentren im Sinne einer "kompetenzförderlichen Organisationsgestaltung" (Hees/Frank/Isenhardt, 2003) weiter entwickelt und gefördert werden müssen. Die Generierung, Diffusion und Integration von Wissen erfolgt am wirksamsten in Interaktionsprozessen und in einem systematischen Wissensanwendungsprozess. Somit ist besonders für Kompetenzzentren Wissensaustausch und -transfer von enormer Bedeutung und kann durch ein Wissensnetzwerk unterstützt werden, zu dem die organisationsinternen Mitarbeiter und externen Firmenvertreter der Förderer und Sponsoren Zugang haben. Grundlage eines Wissensnetzwerkes ist Vertrauen, dass sich die Beteiligten entgegenbringen, denn erst mit dieser Voraussetzung wird das so erworbene Wissen in das eigene Unternehmen übertragen und umgesetzt (Wildemann 2001). Die Visualisierung von im Kompetenzzentrum vorhandenem Wissen fördert in weiterer Folge die Wissenstransparenz und ermöglich die Weiterentwicklung, Anwendung und Übertragung von Wissen auf firmen- und institutsspezifische Kontexte.

    4. Visualisierung von Wissen: Eine Fallstudie

    Allein zu wissen, dass man weiß reicht nicht aus um dieses Wissen auch nutzbar zu machen. Vielmehr steht der Nutzung von Wissen eine Analyse der Wissenseinheiten, der Wertigkeit derer und eine geeignete Visualisierung voraus. Jedoch warum sollte man Wissen überhaupt abbilden? Die Vorteile einer Abbildung können beispielsweise sein:

    • Auffindung von Wissen
    • Bildung von Erfolgsfaktoren - Wettbewerbsfaktoren
    • Transparenz sowie Verbesserung der Wissensspeicherung und des Zugriffs
    • Wissenslücken, Schwachstellen eruieren sowie Eradikation der Lücken
    • Generierung von Anwendungswissen
    • Wissensnutzung für Innovationen fördern
    • Weiterentwicklung der Fähigkeiten erfolgreicher Unternehmen
    • Ausbau und Etablierung von Kernkompetenzen
    • Optimierung von Prozessen und unternehmerischen Abläufen

    Viele dieser Faktoren zielen auf eine Bewertung und Messung von Wissen im Rahmen der Optimierung von Unternehmensprozessen (internen wie externen) ab. Um jedoch Wissen bewertbar und messbar zu machen, muss eine geeignete Visualisierungsart gefunden werden, die es dem Unternehmen erlaubt die einzelnen Wissenseinheiten wie auch die Träger, Austauschprozesse und Abläufe in realistischer Art und Weise sichtbar und anwendbar zu machen. Die Art des Tools hängt ab vom Unternehmen, dessen Struktur und Aufbau und dem Anwendungsgebiet der Wissensabbildung. Der Abbildung von Wissen geht eine eingehende Analyse der Wissensflüsse und seiner Zusammenhänge im Unternehmenskontext voraus. In dessen Laufe auch ein Konzept und Design sowie eine Prozessgestaltung zur spezifischen Anwendung entwickelt werden muss.

    4.1 Erstellung einer dynamischen Wissensüberblickslandschaft

    Das Kompetenzzentrum in diesem Fall zeichnet sich durch seine interdisziplinäre Stellung zwischen Universität (als Institution) und der Praxis (Partnerfirmen) aus. Initiiert und angesiedelt zwischen den Instituten für Wirtschaftswissenschaft und Anwendungssystemen werden die wirtschaftlichen und informationstechnologischen Aspekte integrativ bewertet und bearbeitet. In Kooperation mit den Partnerfirmen werden zielgerichtete Forschungs-, Lehr- und Projekttätigkeiten durchgeführt. In diesem Zusammenhang ist eine Visualisierung des Wissens, der Wissenseinheiten und der -träger von großer Bedeutung. Der Nutzen für die Beteiligten lässt sich unter den folgenden Punkten zusammenfassen:

    • einfache Handhabung und Überschaubarkeit,
    • Wissen transparent machen,
    • leichterer Transfer von Wissen,
    • Kernkompetenzen,
    • relevantes Wissen erfassen,
    • neue Ressourcen lokalisieren,
    • Zugänglichkeit für jeweils die spezifischen Benutzergruppen,

    Durch eine Visualisierung, soll das Wissen der MitarbeiterInnen und Mitwirkenden übersichtlich zur Verfügung gestellt werden. Zielgruppen für die Wissenslandkarte sind die KollegInnen, Mitwirkende und die unternehmerischen Experten bzw. Konsortialpartner. Eine flexible, prozessorientierte Steuerung institutionellen und unternehmerischen Wissens soll ermöglicht werden, kombiniert mit einer leichten Handhabung des jeweiligen Darstellungssystems. Als Visualisierungstool wurde eine Wissenslandkarte gewählt, die sowohl die Wissensträger wie auch die Einheiten erfasst. Eine Separation erfolgt nach spezifischen Projektgruppen und nach Supportfunktionen. Mittels einer Roadmap (Vorgehenskonzept) werden die einzelnen Schritte und die Vorgehensweise zur Realisierung der Wissenslandkarte erfasst. Hier kann nach einem mehrstufigen Modell des kartographischen Prozesses vorgegangen werden.

    Abbildung 1: Konzept und Design der Wissenslandkarte


    Erst müssen die Hauptanforderungen der Zielgruppen im Rahmen der Diagnose definiert werden und eine entsprechende Aufzeichnungsstruktur ist zu gestalten. Das vorhandene Wissen muss interpretiert, selektiert und in speicherbare Einheiten transformiert werden. Weiters werden das Ziel, der Nutzen der Topographie wie auch die Spezifikation der Wissenslandkarte und ihrer Parameter mit den Projektverantwortlichen vorgenommen.

    Durch das Konzept wird die Vorgehensweise und die Grundstruktur, wie auch schon die einzelnen Nutzergruppen (Provider und User) intern und auch extern eruiert und die jeweiligen relevanten Einheiten, deren Systematiken und die Zuweisungen der Rechte.

    Durch die Prozessdefinitionen wird ein Design entwickelt, welches es den einzelnen Wissensarbeitern ermöglicht, die Wissenseinheiten anzulegen, zu strukturieren, zu transferieren und für alle Benutzergruppen in ausreichendem Maße und der Form zugänglich zu machen.

    Durch die Realisierung und laufende Revision (zu der auch Feedback von außen gezählt wird um die Optimierung der Wissenseinheiten zu garantieren) wird die Befüllung der einzelnen Teilelemente/Teiläste der Wissenslandschaft erfüllt. Dies wird durch die im Vorhinein benannten Schlüsselpersonen realisiert, welche wiederum auch die Aufgabe der internen Kümmerer (Einforderung der Wissenseinheiten, Updating, Korrektur, etc.) innehaben. Im Rahmen der Realisierung wird besonderes Augenmerk auf eine benutzerfreundliche graphische Aufbereitung gelegt.

    Begleitende und simultan erfolgende Prozesse unterstützen die Realisierung und Revision (Erneuerung, Anpassung an aktuelle Gegebenheiten und Notwendigkeiten) und umfassen Informations- und Kommunikationssysteme sowie Prozesse zur Aktualisierung und Gewinnung von Feedback. Die fortlaufende Kommunikation und Information soll das Ziel, den Nutzen, wie auch eine einheitliche Informations- und Wissensbasis bei allen internen und externen Beteiligten schaffen, um etwaigen Barrieren aufgrund von Wissensdefiziten im Rahmen des Konzeptes und der Ausführung vor zu beugen.

    4.2 Stolpersteine und wesentliche Erfolgskriterien

    Ohne das Commitment der Führungsebene ist es fast unmöglich einer Visualisierung von Wissen Leben ein zu hauchen. Die ersten Ansätze und auch späteren Realisierungsversuche bleiben in den Kinderschuhen stecken und die anfängliche Euphorie verebbt nach kurzer Zeit und geht in die anfängliche Monotonie und Lethargie über. Das Wichtige an solchen Prozessen, die Aktualisierung und laufende Feedbackrunden/-schleifen gehen somit verloren und das ganze System führt sich ad absurdum. Eine neue Eiszeit ist angebrochen!

    Wenn von einem Commitment der Managementseite ausgegangen wird, kann man jedoch nicht von einem sofortigen Gelingen und zielgerichtetem Ergebnis des Projektes sprechen, es gibt noch genügend Stolpersteine, beispielsweise:

    • Schwierigkeiten bei der Zuordnung der Dokumenten (Mehrfachzugehörigkeit)
    • Zeit- und Ressourcenaufand zusätzlich zur operativen Tätigkeit
    • Aktualität der Dokumente, Wartung des Systems
    • Förderung des Commitment und aktiven Einsatzes aller Beteiligten
    • Angst vor Transparenz und Wissensverlust ("Wissen ist Macht"-Denken)
    • Transparenz von "skilled incompetence"
    • Konkurrenzdenken zwischen den Partnern
    • Sender-Empfängerprobleme (unterschiedliche Wahrnehmung und Wirklichkeiten)

    Viele dieser Problemfelder lassen sich auf ein Hintergrundproblem zurückführen: die Unternehmenskultur. Als ein Garant für eine erfolgreiche KM Initiative kann eine "trust-based culture" (Goshal, 2002) angesehen werden. Dadurch soll der Kontext für ein erfolgreiches KM-System kreiert werden und die Teilnehmer sich selbst und ihr Wissen investieren.

    Als einer der wichtigsten Faktoren zum Gelingen wie auch Scheitern von Projekten dieser Art kann sicherlich der Nutzen gesehen werden. Dem Unternehmen, wie auch den einzelnen Mitgliedern muss der ganzheitliche, wie auch individuelle Nutzen klar und präsentiert sein (Aufgabe der begleitenden Information- und Kommunikation). Fehlt dem Wissensarbeiter und dem System sein motivierender Nutzen so wird eine Realisierung und auch Handhabung keinesfalls das prognostizierte Ergebnis mit sich ziehen und somit ein Scheitern des Projektes und seines Zieles die absehbare Folge sein.

    In Kompetenzzentren ist klar ersichtlich, dass sich der Nutzen, wie auch die Zielrichtungen der Partner mit denen der Mitwirkenden und MitarbeiterInnen nicht immer eins zu eins decken werden. Divergierenden Tatbeständen muss in der Wissenslandkarte Rechnung getragen werden können (z. B. Geheimhaltungsklauseln, interne Angelegenheiten etc.). Als zentraler Erfolgsfaktor gilt der Nutzen für die Partnerfirmen und des Instituts im Rahmen einer Visualisierung der Wissenseinheiten und -träger:

    • Wissen und Kompetenzen der Mitarbeiter sind transparent
    • Zugang zu Best Practices und Lessons Learned
    • Sicherung des Wissens bei Mitarbeiterwechsel
    • Schnellere Übersicht/Einarbeitung bei Expertenwechsel (externe Partner)
    • Beziehungsnetz der Mitarbeiter nutzbar machen
    • Aktueller Status der Projekte
    • Umfassende Erfassung des Wissens in allen Aufgabenbereichen (Forschung, Projekte, Lehre, Planung, Veranstaltungen, etc.)
    • Erfassung und Aufarbeitung aktueller Themen (z. B. Konferenzen, Publikationen)
    • Verwaltung der jeweiligen Dokumente nach durchschaubarem Muster

    Der Nutzen für die Partnerfirmen bzw. deren Experten und Entscheidungsträger verlagert sich merklich in den direkten Anwendungsbereich wie auch auf die aktuellen Stadien der zu bearbeiten Projekte und relevanten Forschungsthematiken und den konkreten Nutzen für das jeweilige Unternehmen. Hierbei gilt es auch best Practices und Lessons Learned übergreifen zu definieren und diese für die Unternehmen greifbar zu machen, allerdings immer mit der Prämisse, die nötige Sorgfalt in Bezug auf Betriebsgeheimnisse zu wahren.

    5. Kompetenzzentren im Balanceakt zwischen Theorie und Praxis

    Im Gegensatz zu jenen erfolgsrelevanten Faktoren stehen jedoch einige Kompetenzzentren vor kaum lösbare Widersprüchlichkeiten, die aus der Fülle an potentiellen institutionellen Konflikten resultieren. Netzwerkmanagement kann in diesem Sinne als Management von Spannungsverhältnissen (z. B. zwischen Vertrauen und Kontrolle, Kooperation und Wettbewerb etc.) definiert werden (Sydow, 2001). Die Erfüllung der jeweiligen Aufgabenstellungen kann nicht rein von der Neugier und dem Interesse an den Themeninhalten geleitet sein, da sie nicht weitgehend frei sind von unterschiedlichen Unternehmensinteressen, Machtspielen und ideologischen Rechthabereien, wodurch nicht nur die Gefahr von Reibungsverlusten zunimmt, sondern auch ursprüngliche Gründungsziele aus den Augen verloren gehen.

    Die größten Hindernisse eines Kompetenzzentrums sind unserer Erfahrung gemäß die, in den jeweilig kooperierenden Unternehmen aus der Vergangenheit geprägten Denk- und Handlungsmuster, ein Verharren in bewährten (Macht-)Strukturen, ein hohes Maß an Sicherheitsdenken, fehlendes Problem- bzw. Nutzenbewusstsein, die Angst vor Neuem, ein hoher Profilierungs- und Selbstdarstellungsbedarf einzelner Unternehmensvertreter, diffuse Zielsetzungen, Planung von innen (eigene Bedürfnisse) nach außen (Bedürfnisse der externen Kunden) anstatt umgekehrt, unrealistische Zeithorizonte, Verfolgen von Favoritenlösungen, ungenügender Einbezug der betroffenen Kooperationspartner, verwirrende Informations-politik, Abstimmungsschwierigkeiten und rein technisch-orientierte Problemlösungsversuche.

    Hiermit wird im Besonderen unterstrichen, dass die Zusammenarbeit von beidseitigem Vorteil und einem erfolgreichen Ergebnis gekrönt ist, wenn sich die Partner als solche respektieren und die gegenseitigen Kernkompetenzen ersichtlich sind und anerkannt werden. Dem voraus geht eine eindeutige Analyse der Kompetenzbereiche und eine Abstimmung zwischen den einzelnen Teilnehmern auf eventuelle Synergien aber auch Redundanzen. Womit klargelegt werden soll, dass die Zusammenarbeit in genau dem beschlossenen Feld erfolgt und die Zielerreichung (das prolongierte Ergebnis) im Sinne aller steht. Das Basisinteresse beider kann sich durchaus unterscheiden, da sich die Gemeinsamkeiten nicht auf das allgemeine Geschäft, sondern den spezifischen, forschungsintensiven Spezialbereich beziehen.

    6. Abschließende Bemerkungen

    Systemtheoretisch gesehen bewegt sich ein Kompetenzzentrum ständig zwischen den unterschiedlichen Funktionssystemen Wissenschaft und Praxis mit daher unterschiedlichen Codierungen, Referenzkriterien, Sprachwelten, Leitdifferenzen, Rationalitäten und Eigenlogiken. Das Wirtschaftssystem, repräsentiert durch die partizipierenden Unternehmen, ist auf die Lösung konkreter Wissensprobleme im jeweiligen Unternehmen konzentriert und erwartet sich hierbei Unterstützungsleistungen und beansprucht daher jene Ressourcen für die auch investiert wird. Das Kompetenzzentrum selbst bewegt sich aber auch im Wissenschaftssystem, mit dem Ziel wissenschaftlicher Grundlagenforschung und Verwertung von Wissen in Form von Publikationen und anderen Forschungsarbeiten, die nicht immer einen unmittelbaren Verwertbarkeitscharakter für die Unternehmensrealität erkennen lassen. Damit wird das bereits hinlängliche Theorie-Praxis-Problem ein kaum bewältigbarer Balanceakt, obwohl beide Funktionssysteme in einer Art Sinn-Symbiose leben, da sie jeweils füreinander fruchtbar und nützlich sind. Diese Symbiose kann aber nur dann existieren, wenn beiden Systemen ihre Eigenständigkeit und Identität zugebilligt wird. So ist weder eine Praxeologisierung der Wissenschaft, noch eine Verwissenschaftlichung der Praxis sinnvoll. Es ist bestenfalls ein Zusammenfließen beider Systeme, unter der gegenseitigen Beachtung und Achtung von Grenzen möglich. Konkret bedeutet dies, dass die Forschungsaktivitäten eines Kompetenzzentrums mit einer Form der Basisfinanzierung sichergestellt werden müssen und nicht von der Erfüllung diverser Projektaufgaben abhängig gemacht werden können. Denn das so erzeugte Wissen kann dann wiederum in der Bearbeitung konkreter Wissensmanagement-Projekte einfließen, was somit den Finanzgebern (öffentliche Hand, private Wirtschaftsinitiativen) wiederum zugute kommt. Kann diese Basisfinanzierung nicht garantiert werden und müssen sämtliche Ressourcen für beauftragte Projekte der am Netzwerk teilnehmenden Unternehmen eingesetzt werden, so werden die Eigeninteressen des Wissenschaftssystems nicht erfüllbar, was zu Motivationsverlusten und verringerter Leistungsbereitschaft im Staff des Kompetenzzentrums führt.

    Vernetzungen, die durch ein gemeinsames Basisinteresse und einer Freiwilligkeit zur Teilnahme in einem personenbezogenen Beziehungsgeflecht geprägt sind, fördern die Nutzung existierender Wissensressourcen und die Entwicklung neuer Wissenspotenziale. Über die Form einer selbst gesteuerten Organisation kann Wissen effizienter genutzt und vor allem vermehrt und angewendet werden. Dazu ist es allerdings notwendig, dass sich die Partner in der Wissensproduktion wechselseitig anerkennen, gleichwertig von den erzielten Ergebnissen profitieren, und das nötige Vertrauen für ein freies aber zielbezogenes Zirkulieren der Ideen gewährleistet ist. Nur so werden Netzwerke zu einer intelligenten interorganisationalen Form der Zusammenarbeit, die für wissensintensive Kontexte vielversprechende Erfolgsvoraussetzungen mitbringt.

    Literatur

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