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Wissensmanagement bei der Hyperwave AG - Ein Gespräch mit der Marketing Managerin Petra Spitzfaden
16. Mai 2002 von Dr. Bernhard von GuretzkyMit seiner sog. "eKnowledge Infrastructure" bietet Hyperwave Lösungen für Content- und Dokumentenmanagement, Collaborative Working und eLearning an, die über ein Enterprise Information Portal zu einer ganzheitlichen Lösung für das Wissensmanagement besonders in räumlich verteilt arbeitenden Unternehmen integriert werden.
The trouble with being a pioneer is
that pioneers get often killed by Indians.
Theodore Lewitt
1. Das Unternehmen
Nach dem Niedergang des Neuen Markts im Jahre 2000 schrieb die Süddeutsche Zeitung zum Jahreswechsel 2001, dass dort mittelfristig wohl nur noch Firmen aus der Gentechnologie und dem Wissensmanagement eine Chance haben werden. Ganz hat sich diese Vorhersage trotz eines weiteren kräftigen Kursverlustes nicht bewahrheitet, denn die Hyperwave ist bislang die einzige deutsche Firma mit dem Schwerpunkt Wissensmanagement geblieben, die demnächst den Sprung an den Neuen Markt versuchen will. Das 1997 in München gegründete Unternehmen finanziert sich z.Zt. noch durch deutsches, englisches und schweizerisches Wagniskaptial. Vertriebsniederlassungen befinden sich in England, Frankreich, der Schweiz und den USA, assoziiert mit der TU Graz ist ein eigenes Entwicklungszentrum in Österreich. Um einen möglichst großen Anteil am potenziellen Marktvolumen von 10 Mrd. $ für Wissensmanagementsysteme und -dienstleistungen zu erreichen, geht Hyperwave Vertriebspartnerschaften mit produktunabhängigen Beratungshäusern wie KPMG Consulting, CSC-Ploenzke und Systemhäuser wie Siemens Business Services oder Compaq Global Services ein.
Mit seiner sog. "eKnowledge Infrastructure" bietet die Firma Lösungen für Content- und Dokumentenmanagement, Collaborative Working und eLearning an, die über ein Enterprise Information Portal zu einer ganzheitlichen Lösung für das Wissensmanagement besonders in räumlich verteilt arbeitenden Unternehmen integriert werden. Über Unternehmensgrenzen hinweg lassen sich diese Komponenten zu einem "Collaborative Extranet" integrieren. Für große mittelständische und Großunternehmen ist eine Produktreihe entstanden, mit dem strukturierte und unstrukturierte Informationen gesammelt, organisiert und gezielt verteilt ("push-Ansatz") werden können. Die Verschmelzung von eLearning, Portalen und Wissensmanagement hat sich Hyperwave auf die Fahnen geschrieben, ein m.E. vollkommen richtiger Ansatz, zumal der modulare Aufbau der eKnowledge Infrastructure dem Kunden ein schrittweiser Ausbau der Funktionalität erlaubt und Anbindungen etwa an SAP-Module ermöglicht. Das System ist vor etwa 10 Jahren aus einem Forschungsnetz (ähnlich dem Darpanet) der Universität Graz hervorgegangen. Hyperwave sieht sich in direkter Konkurrenz mit OpenText und dessen Produktlinie LiveLink, die in etwa über eine vergleichbare Systemarchitektur und Funktionalität verfügt. Das 1991 gegründete kanadische Unternehmen OpenText mit seinen weltweit über 1.100 Mitarbeitern ist Marktführer mit einem Anteil von ca. 45% und etwa 5 Millionen Nutzern.
Hyperwave beschäftigt etwa 200 Mitarbeiter. Der Umsatz betrug im Jahr 2000 ca. 13 Mio. €; für 2001 konnte trotz der allgemein schwierigen Wirtschaftslage im IT-Bereich um über 40% auf 18,5 Mio. € gesteigert. Zu den Kunden gehören neben Banken, Automobil- und Maschinenbauunternehmen auch große öffentliche Institutionen wie die Europäische Union oder das amerikanische Verteidigungsministerium. Man ist bei Hyperwave wohl von der eigenen Produktlinie so überzeugt, dass man dem Marktführer OpenText gehörig Marktanteile abjagen und schneller als der Markt für integrierte Wissensmanagementsysteme wachsen will. Die Wachstumschancen werden auch von den Investoren als überaus positiv beurteilt, die gerade eine neue Finanzspritze für den Ausbau des eigenen Vertriebs genehmigt haben.
2. Die strategischen Herausforderungen
Reine Wissensmanagementsysteme sind immer noch schwer zu verkaufen, da eine exakte Kosten-Nutzenanalyse schwer zu erstellen ist, was vornehmlich an den "weichen" Erfolgsfaktoren, wie effektiver Zusammenarbeit, verbessertem Arbeitsklima und höherer Innovationsrate liegt. Die Anwort auf die Frage, ob und in welchem Umfang sich Wissensmanagement "lohnt", will sagen: in barer Münze auszahlt, ist also nicht immer leicht zu finden. Darüber hinaus hat es ein Anbieter einer integrierten Lösung wie Hyperwave bisweilen schwer, sich gegenüber der spezialisierten Konkurrenz aus den Bereichen eLearning, Groupware und Content Management durchzusetzen, wo diese Produkte i.A. mehr Funktionalität aufweisen.
Da - sehr verkürzt gesagt - Wissensmanagement im wesentlichen darin besteht, persönliches in organisationales Wissen für das Unternehmen zu überführen, wobei dieses Wissen durch kontextabhängige Auswahl, Synthese oder Interpretation weiter veredelt werden kann, muss die wesentliche Funktionalität eines Wissensmanagementsystems der Kommunikation und Information, dem Aufbau von Communities und der Förderung von Austausch und Beziehungen in den Wissensmarktplätzen dienen. Die Qualität der Teamarbeit ist aufs Engste mit der Qualität dieser Kommunikations- und damit den Wissensprozessen verbunden. Der Grad der Offenheit korrespondiert mit der Möglichkeit jedes Teammitglieds aufgabenrelevantes Wissen einbringen zu können. Erst dieser Aspekt gewährleistet die gerade für innovative Arbeiten notwendige Wissensbreite; Teamwissen wird somit zum Indikator der Innovationsfähigkeit des Unternehmens. Dies bedeutet für den Produktionsfaktor Wissen, dass neben dem Teilen der Informationen auch die Möglichkeit besteht, sich in die Perspektiven und Standpunkte anderer Teammitglieder hineindenken zu können, oder wie es Hyperwave versucht in ein Schlagwort zu fassen: "Jeder Mitarbeiter ist gleichzeitig Lehrer und Trainee".
Hier gilt es, prospektive Kunden zum einen von den Vorteilen einer integrierten Lösung zu überzeugen und ihnen zum anderen die Möglichkeiten, die in einem schrittweisen Ausbau der Funktionalität liegen, aufzuzeigen. Gerade dieses "Schneeballprinzip" vom Content Management über Groupware hin zum eLearning dient Hyperwave hier als Alleinstellungsmerkmal.
3. Erfahrungen bei der Durchführung von WM-Projekten
Wissensmanagement ist ein kontinuierlicher Vorgang. Als Projekt hat es zwar oft einen definitiven Anfang jedoch selten - und das würde auch der Sache nicht dienlich sein - ein definiertes Ende. Die Erfahrungen bei Hyperwave sind, dass etwa 50% des anfänglich genehmigten Projektbudgets an externe Firmen oder Berater vergeben werden. Diese Tendenz ist bei vielen State-of-the-art-Projekten wie auch beim Wissensmanagement zu beobachten. Dies liegt nicht nur daran, dass anfangs oft die notwendige Expertise beim Auftraggeber fehlt, sondern auch daran, dass deren Akzeptanz sowohl bei den betroffenen Mitarbeitern als auch beim Management höher ist als die der internen Mitarbeiter. Zudem werden externe Berater häufig zum "Coaching" hinzugezogen. Hyperwave selbst tritt nicht als Beratungsunternehmen auf, es wird jedoch im Zusammenhang von Beratungsaufträgen als Unterauftraggeber und Werkzeuglieferant hinzugezogen.
Nach den von Hyperwave gemachten Erfahrungen liegen die Gründe für das Scheitern von WM-Projekten weniger in einem ungenügendem Budget als vielmehr in der Konzeptionslosigkeit, will sagen: den unklar definierten Zielen, dem beim Management und bei den betroffenen Mitarbeitern unzureichenden Wissen über das Vorgehen und die notwendigen Schritte bei solchen Projekten und dem fehlenden und tatkräftigen Mentor, der von allen Seiten anerkannt wird. Um dennoch einen erfolgreichen Projektablauf zu gewährleisten, wird bei Hyperwave ein Vorgehensmodell für die Durchführung der Projekte angewandt, das auf einer festgelegten Methodologie unter Einbeziehung eines Konfliktmanagements aufsetzt. Diese Top-down-Vorgehensweise scheint bislang recht erfolgreich zu sein. Auf der anderen Seite wurden für typische Anwendungsgebiete konzeptuelle und technische Basisbausteine für das Wissensmanagement zusammengestellt. Durch eine derartige Paketdefinition werden kurze Projektlaufzeiten in der Größenordnung eines ½ Mannjahres mit überschaubaren Kosten von etwa 100 T€ erzielt, die ein "Rapid Prototyping" ermöglichen und der möglichen Scheu der Kunden vor einer Investition in eine "unproven technology" entgegenwirken.
Die typischen technischen Probleme wie zu geringe Serverkapazitäten, ungenügende Bandbreiten, zu klein dimensionierte Datenbanken oder schlicht nicht vorhandene Systemvoraussetzungen, werden im Vorfeld geklärt. Zur gegebenenfalls notwendigen Optimierung der Organisationsstrukturen beim Kunden, stellt Hyperwave ein informelles Netzwerk zur Verfügung, in dem "Kunden von Kunden lernen" können. Diese Methode scheint erfolgreicher zur sein, als wenn das Beratungsunternehmen organisationelle Veränderungen vorschlägt.
4. Wissensmanagement bei Hyperwave
Um an relevantes Marktwissen ("market intelligence") zu kommen, pflegt Hyperwave einen intensiven Austausch mit der Universität Graz und mit privaten Forschungsinstituten wie der Gartner- oder Metagroup. Neben gezielten Befragungen verschafft sich Hyperwave Input von Kunden durch einen sog. "Customer Council". Besonderer Wert wird hier darauf gelegt, Erfahrungen mit der Geschäftsproblematik der Kunden und über die künftige Entwicklung der Geschäfts- und Wissensprozesse zu erhalten. Auch die vom Customer Service gesammelten Erfahrungen tragen dazu bei.
Die eKnowledge Infrastructure mit sämtlichen Subsystemen ist im Unternehmen selbst installiert. Dazu gibt es einen internen "Chief Knowledge Officer", der für die Konzeption der WM-Strategie, die Pflege des Systems, die Konsistenz der Eingabedaten und die Motivation und Schulung der Mitarbeiter verantwortlich ist. Der CKO definiert zudem die Top-level-Navigation und den Workflow des Systems. Um einen ungehinderten Wissensaustausch zu ermöglichen und einem guten Betriebsklima Vorschub zu leisten, haben alle Hyperwave-Mitarbeiter Zugriff auf (fast) alle vom System verwalteten Objekte.
Das Gespräch führte Dr. Bernhard v. Guretzky, m2 consulting
5. Links
[1] www.hyperwave.com
[2] Horst Mielke: "Der Markt für Knowledge Management in Deutschland - Studienergebnisse und Trends"; Metagroup Deutschland
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