Compliance-Trainings: Wissensmanagement durch Microlearning

    02. November 2015 von Annika Willers

    Den Weg zum effektiven Wissensmanagement nehmen viele Unternehmer noch als schwierig wahr; viele fürchten um Reichweite und Nachhaltigkeit. Dabei lassen sich auch Regeln und Werte mit technischer Unterstützung unkompliziert an Mitarbeiter kommunizieren. Online-Trainingsplattformen sorgen in kleinen Einheiten, dem sogenanntem Microlearning, für Motivation und Merkbarkeit. Vorgestellt werden hier die Möglichkeiten, Compliance-Trainings durch Microlearning konkret zu optimieren. Denn wissen Mitarbeiter über Gesetze, Richtlinien und Kodizes gut Bescheid, haben Unternehmen in Bezug auf Reputation und Rechtssicherheit wenig zu befürchten.

    Richtlinien effektiv verbreiten

    Ein schriftlich festgehaltener Code of Conduct ist hilfreich als Nachschlagewerk – unwahrscheinlich aber, dass Mitarbeiter lange juristisch begründete Textwerke komplett lesen und verinnerlichen. Nur 36 % der Arbeitnehmer geben an, die Compliance ihres Unternehmens zu kennen und auch zu befolgen [2]. Neben genereller Unwissenheit über Regelfestlegungen – 23 % der Arbeitnehmer können mit dem Begriff Compliance grundsätzlich nichts anfangen – sind regulatorische Standards in Unternehmen oft uneindeutig, kompliziert und häufigen Änderungen unterworfen

    Auch fehlen in solchen Dokumenten zum Thema Compliance Rückfragemöglichkeiten, soziale Interaktion und lebendige Beispiele. Vor-Ort-Schulungen dagegen sind aufwendig und müssen langfristig geplant werden. Gerade wenn es um die Einarbeitung neuer Mitarbeiter geht, wollen Unternehmen ihre Regeln und Werte aber frühzeitig vermitteln und festigen.

    Seit der Einführung der Cloud-Technologie gibt es effiziente Möglichkeiten bei der Verbreitung von Informationen und der Überprüfung von Wissen. Sogenannte Software-as-a-Service (SaaS) Anbieter stellen Plattformen zur Verfügung, die von überall aus abgerufen werden können. Benutzer verschiedenster Geräte erhalten Zugang zu Inhalten, die jederzeit verfügbar und ständig aktualisierbar sind. Für Benutzer ergeben sich durch solche Online-Trainings weitere Vorteile:

    • Zeitlich flexibler Abruf
    • Benutzung durch Computer, Tablet oder Smartphone
    • Lernen in einzelnen Schritten oder Modulen
    • Einbindung von Multimedia
    • Speicherung für späteres Nachschlagen und Updates
    • Einfacher Einstieg für neue Teilnehmer
    • Interaktive Lernumgebung
    • Schnelle Wissenserweiterung

    Vorgefertigte Compliance-Trainings gibt es zu unterschiedlichen Themen wie Geschenken, Spenden und Sponsoring, Geldwäsche-Prävention, Kartellrecht und Datenschutz. Will ein Unternehmen jedoch verstärkt eigene Werte vermitteln, empfiehlt es sich, ein Training hausintern zu erstellen. Dies kann z. B. der Rechtsverantwortliche oder die Personalabteilung übernehmen.

    Online-Trainings hausintern gestalten

    Compliance-Verantwortliche als neu ernannte „Trainer“ sind inhaltliche Experten – das bedeutet nicht, dass sie mit dem Erstellen von Trainings vertraut sind. Um die Umsetzung zu vereinfachen, greifen viele Trainer auf Autorenwerkzeuge mit praktikablen Voreinstellungen zurück. Auf dem europäischen Markt gibt es bereits sehr benutzerfreundliche Trainingsplattformen, die nicht viel Geld kosten müssen und ohne aufwändige Installation auskommen. Durch das Hochladen und Konvertieren von Dokumenten oder Präsentationen können bereits bestehende Verschriftlichungen verwendet werden. Oder der Trainer erstellt Schritt für Schritt einen eigenen Kurs, der genau auf das Unternehmen zugeschnitten ist.

    Mit Microlearning Inhalte wirkungsvoll vermitteln

    Gerade für unerfahrene Trainer stellt sich die Frage, wie Inhalte effektiv und motivierend aufgebaut werden können. Seit einigen Jahren verwenden Trainingsexperten daher die Microlearning-Methode: Trainings in kurzen Einheiten, die sich durch ihre Direktheit und Zeitersparnis den Bedürfnissen der Nutzer anpassen. Warum ganze Zeitblöcke für das Erlernen von Regeln einplanen? Mitarbeiter lernen entspannter, wenn sie zu einem passenden Zeitpunkt einzelne Module abrufen können. Auch lange und komplexe Texte lassen sich so in einzelne, besser verdauliche Sequenzen unterteilen. Multimediale Einheiten wie Grafiken, Animationen, Audio- oder Videodateien machen das Geschehen spannender und die gelernten Inhalte bleiben so besser im Gedächtnis.

    Compliance in den Alltag bringen

    Ein Beispiel gut merkbarer Compliance ist die Frage nach dem Annehmen von Geschenken. Wussten Sie, bis zu welchem Wert Mitarbeiter Geschenke von Geschäftspartnern annehmen dürfen? Allein die Frage – idealerweise als Testfrage mit Antwortfeld gestellt – zieht den Kursteilnehmer tiefer in das Geschehen. Korruptionsverdacht und Rufschädigung stehen sehr nah beieinander, wie es unter anderem Autohersteller Ford und Ex-Bundespräsident Christian Wulff erleiden mussten. Nachrichtenfragmente zu aktuellen Fällen lassen sich als Bild oder als Link einfach in ein Training einbinden. Im Fokus stehen sollten statt bloßer Abschreckung jedoch die positiven Aspekte. Das Bild eines freudestrahlenden Mitarbeiter verdeutlicht simpel und nachhaltig eine elementare Botschaft: Schenken soll Freude machen, keine Verpflichtungen auslösen.

    Neu erlerntes Wissen mit Tests festigen

    Durch die Reduzierung auf wesentliche Schlüsselinformationen können Nutzer neue Inhalte besser aufnehmen. So wird auch die Merkbarkeit erhöht. Dies gilt vor allem, wenn Teilnehmer Gelerntes in Form von Wissenstests wiederholen und selbst beschreiben. Hierfür empfehlen sich Texteingabe-Felder bei den Wissensfragen. Testfragen werden auch für die Zertifizierung des Trainings benötigt. Diese sollten sich auf den Lernfortschritt beziehen und entweder eindeutig beantwortbar sein, zum Beispiel in Form einer Multiple-Choice-Frage, oder Raum für eigene Interpretation lassen. In diesem Fall ist das Eingreifen des Trainers gefragt: Freie Texteingaben sollten überprüft und beantwortet, beziehungsweise bewertet werden, damit der Teilnehmer sich in seiner Interaktion bestätigt fühlt.

    Lernfortschritte messbar machen

    Trainer können fortwährend den Status und die Teilnahme am Compliance-Training verfolgen. Sie laden nicht nur neue Teilnehmer zum Online-Training ein, sie überprüfen auch, ob die Trainings erfolgreich gemeistert wurden und ob Rückfragen oder Diskussionen entstanden sind. Die Messbarkeit der Ergebnisse ist aus zwei Gründen wichtig:

    • Der Fortschritt des einzelnen Nutzers wird kontrolliert: Wurden alle Schritte einzeln und sorgfältig durchlaufen und die Testfragen richtig beantwortet?
    • Die Teilnehmergruppen lassen sich miteinander vergleichen: Welche Unterschiede gibt es zwischen einzelnen Abteilungen, Werken oder Ländern?

    Compliance-Trainings dienen nicht nur der Zertifizierung der Mitarbeiter und somit der rechtlichen Absicherung bei Schadensfällen. Die Ergebnisse machen unterschiedliche Voraussetzungen der Teilnehmergruppen sichtbar, etwa wenn an manchen Produktionsstandorten weniger Informationen ankommen als an anderen. Auf dieses Feedback sollten Unternehmen eingehen, indem sie informativere Schulungen anbieten und den persönlichen Kontakt auch zu entlegenen Werken ausbauen. 

    Zudem diskutieren in einem interaktiven Online-Training die Teilnehmer miteinander, klären Unstimmigkeiten und liefern so wertvolles Feedback. Durch die Rückkopplung entsteht für die Mitarbeiter auch ein Gefühl der Verbundenheit mit dem Unternehmen. Hierauf ist die tatsächliche Einhaltung der Regularien begründet: Ausschlaggebend für die Einhaltung der Compliance sind letztendlich das Verantwortungsbewusstsein und die Integrität der Mitarbeiter. 

     

    Fußnoten

    [1] Ergebnisse der Befragung von 169 deutschen Unternehmen zum Umsetzungsstand von Compliance-Management-Systemen (CMS) von der Hochschule für angewandte Wirtschaftswissenschaften Würzburg-Schweinfurt.

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