User Experience Folge 1: Digital Rights Management

    22. September 2015 von Norbert Weitkämper

    In dieser neuen Serie greifen wir in loser Folge Themen zur User Experience zum Thema ePublishing auf. In der Folge 1 geht es um Digital Rights Management. Hierzu werden die verschiedenen Möglichkeiten vorgestellt. Jedes Unternehmen und jeder Autor kann das Fazit für sich selbst ziehen und zwischen Kopierschutz und User Experience abwägen.

    Die deutschen Bonnier Verlage - dazu zählen zum Beispiel Ullstein, Carlsen und arsEdition- stellten zum 1. Juli 2015 bei ihren E-Books um vom harten zum weichen DRM, meldet das Börsenblatt in seiner Ausgabe vom 22. Juni. Das bisher verwendete Adobe-DRM erfordert bekanntlich eine persönliche Adobe-ID vom Leser auf jedem Gerät und ist sicher keine gute User Experience. Es kursieren zudem Programme, mit denen der Adobe Kopierschutz umgangen werden kann.

    Welche weiteren DRM-Optionen bieten sich denn für textlastige PDF Dokumente an?

    - PDF Verschlüsselung und PDF Sicherheitseinstellungen

    PDF Dokumente können beim Erstellen verschlüsselt und beispielsweise mit dem Verbot versehen werden, sie auszudrucken, zu verändern oder Inhalte in die Zwischenablage zu kopieren. Werden diese Einstellungen beim Abrufen durch einen Benutzer "on the fly" Server-seitig für das Dokument vorgenommen, können sie auch individuell für jeden Benutzer vorgenommen werden.

    Nachteile: beschränkte Rechtevergabe, Programme zum Knacken verfügbar.

    - Adobe Flashplayer, Shockwave

    PDF Blätterkataloge werden gerne als Flash-Anwendungen realisiert. Da es sich bei Flash um eine eigenständige Anwendung handelt, können Funktionen wie Kopieren, Drucken und auch Authentifizierung vollständig kontrolliert werden. Die Umwandlung von PDF nach Flash ist sehr einfach. 

    Nachteile: Adobe Plug-In für Web Browser erforderlich, keine native Unterstützung von mobilen Apple-Geräten. Keine Akzeptanz bei Bibliotheken und Unternehmen.

    - Social DRM

    Hierunter versteht man einen weichen Kopierschutz, z.B. das individuelle Eindrucken des Benutzernamens samt Datum und IP-Adresse auf jeder PDF Seite "on the fly" im Moment des Abrufs. Dies schafft eine psychologische Hürde, das Dokument so wie es ist einfach weiterzugeben. Der Download selbst bleibt völlig unkompliziert und kundenorientiert.

    Nachteile: Eindrucke können beseitigt oder geschwärzt werden

    - Unsichtbares Wasserzeichen, Fingerabdruck

    Bei diesem Verfahren wird im Dokument eine Veränderung vorgenommen, die für den Benutzer nicht sichtbar sein soll. Dies können beispielsweise minimale Layout Veränderungen bei Wort- oder Satzabstand oder typografische Variationen sein. Wenn der Text jedoch kopiert und beispielsweise in einen Texteditor übernommen wird, könnten diese Eigenschaften verloren gehen. Eine andere Methode geht daher noch weiter und verändert den Text selbst, indem Abkürzungen mal ausgeschrieben, Kommata anders gesetzt oder Wörter anders getrennt werden (vergleiche Mohan S Kankanhalli & K.F Hau, Watermarking of Text Documents - PDF-Download). Ein solcher Fingerabdruck ist sehr sicher.

    Nachteile: Das Einbringen eines Fingerabdrucks in jedes Dokument individuell für jeden Benutzer ist rechenintensiv. Bei PDF Dokumenten kann man mit ca. 1 bis 2 Sekunde pro Seite rechnen. Der Benutzer müsste also rund 30 Sekunden bis zur Bereitstellung eines 20-seitigen Dokuments zusätzlich warten. Eine Veränderung des originalen Texts ist häufig nicht erwünscht.
    Es könnten Bedenken der Datenschützer bestehen.
    Es gibt wohl kein gerichtliches Verfahren in Deutschland, das sich mit anhand von Wasserzeichen überführten illegalen Uploadern beschäftigt.

    - Spürdienste wie Digimarc

    Die MVB [1] kooperiert mit dem US-Unternehmen Digimarc [2], um Downloads in illegalen Tauschbörsen aufzuspüren. Digimarc überwacht automatisch und manuell einschlägige Webseiten und gibt Alarm, sobald ein Dokument gefunden wird. Es soll dafür sorgen, dass diese Angebote dann vom Netz genommen werden. Die Kosten für die Überwachung beginnen bei 5,- Euro pro Titel pro Jahr (vergleiche http://www.mvb-online.de/verlage/so-vermarkten-sie-ihre-titel/digimarc-guardian.html ). 

    Nachteile:  Manuel Bonik von der Lisheennageeha Consulting Ltd. ist der Meinung, dass die Erfolgsquote so aussieht: "Bei Thieme ist Digimarc relativ gut, da könnte das mit den 90% fast stimmen, 70 bis 80 % ist realistischer, bei einzelnen Titeln aber auch 0%. Bei Elsevier zwischen 50 und 70 %. Bei Hanser maximal 50 %, bei Suhrkamp 0 %." (tarnkappe.info, Gespräch über E-Book Piraterie vom 4.11.2014

    Hartes DRM

    Neben dem Adobe DRM gibt es harte DRM Technologien, die sich für PDF Dokumente besser eignen. Hierbei werden individuell für jeden Benutzer und für jedes Dokument die gewährten Rechte in einer Datenbank hinterlegt. Dies kann ein Verfallsdatum, die Bindung an einen Benutzer,  das Recht zum Drucken, Kopieren etc. sein. Für das Betrachten des PDF Dokuments im Acrobat Reader wird ein spezielles Acrobat Plug-In benötigt, das die übermittelten Rechte ausliest und den Zugriff auf das Dokument steuert. Das Dokument wird verschlüsselt übertragen und erst vom Client entschlüsselt, wenn die Erlaubnis hierfür vorliegt. Das Acrobat Plug-In ist auch für mobile Versionen inkl. Apple Geräten verfügbar. Das Verfahren ist sehr sicher, Rechte sind sehr abgestuft einstellbar.

    Nachteile: Es ist die Installation eines Acrobat Plug-Ins erforderlich.

    - Individueller (PDF) Viewer

    Letztendlich könnte man auch seinen eigenen Viewer schreiben, der alle Rechte überwacht und abwickelt und auch sein eigenständiges Datenformat benötigt.

    Fazit

    Ein Fazit muss jedes Unternehmen und jeder  Autor für sich selbst ziehen und zwischen Kopierschutz und User Experience abwägen. Aber auch weitere Aspekte spielen eine Rolle: Was bringt beispielsweise ein individueller Fingerabdruck, wenn die womögliche Rechteverfolgung durch einen Verlag zu extrem negativer Publicity führte?   

    PDF Sicherheitseinstellungen und Social DRM sind einfach in ihrer Handhabung sowohl für die Datenbank als auch für den Benutzer und sollten daher auf jeden Fall genutzt werden. Alles Weitere ist Geschmackssache, aber eines ist auch klar: Wenn ein Text am Bildschirm lesbar ist, kann er zumindest fotografiert, gedruckt und OCR gelesen werden.

    Fußnoten

    [1] MVB Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels GmbH ist das führende Service-Unternehmen für die deutsche Buchbranche und das Tochterunternehmen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e. V. 

    [2] Digimarc ist ein Unternehmen in USA und versieht Dateien unterschiedlichster Art mit digitalen Markierungen, die die eindeutige Identifizierung jeder einzelnen Datei erlauben. 

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