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"Eine klare Zielsetzung ist ein wesentlicher Meilenstein für ein erfolgreiches Projekt"
Interview mit Frau Beate Bruns, Geschäftsführerin der time4you GmbH
01. Oktober 2010 von Beate BrunsVom 12. bis 14. Oktober 2010 findet die Professional Learning Europe in Köln statt. Der Veranstalter sprach mit Frau Beate Bruns der time4you GmbH über die Do’s und Dont’s für Firmen, die E-Learning in ihrer Organisation oder einzelnen Bereichen erstmals einsetzen und für wen sich E-Learning lohnt.
Frau Bruns, E-Learning ist heute nicht mehr neu. Dennoch gibt es noch einige Unternehmen, die bisher wenig Erfahrung damit gesammelt haben. Wie erklären Sie sich das?
Die Einführung von E-Learning lohnt sich häufig erst ab einer bestimmten Unternehmensgröße. Je kleiner ein Unternehmen ist, desto größer ist jedenfalls die Wahrscheinlichkeit, dass es noch keine Erfahrung mit E-Learning gesammelt hat. Aber auch in großen Unternehmen kann die Erfahrung mit dem Thema E-Learning innerhalb der Geschäftsbereiche stark variieren – vom Profi bis zum Einsteiger.
Warum setzen gerade Großunternehmen auf E-Learning?
Die Investition in eine eigene E-Learning-Plattform rechnet sich typischerweise ab einer Unternehmensgröße von circa 1.000 Mitarbeitern. Bei großen Unternehmen kommt es häufig vor, dass sie viele Mitarbeiter in kurzer Zeit schulen müssen – zum Beispiel, wenn sie eine neue Software einführen, die fast alle Mitarbeiter brauchen, wie ein neues Officepaket. Auch Compliance-Themen sind oft für eine große Zahl der Beschäftigten schulungsrelevant. E-Learning ist auch sinnvoll, wenn Lernfortschrittskontrollen erwünscht sind oder wenn die nötige Infrastruktur fehlt – wie etwa entsprechende Räume. Darüber hinaus ist E-Learning ideal, wenn die Lerninhalte und Lernprozesse sehr standardisiert sein sollen.
Inwiefern kann sich E-Learning für kleinere Unternehmen lohnen?
Wenn beispielsweise ein mittelständisches Unternehmen weltweit aktiv ist und die Mitarbeiter sehr dezentral arbeiten, kann E-Learning hilfreich sein – auch um Händler, Partner und Endanwender vor Ort mit Informationen zu versorgen und zu schulen. Insgesamt wird derzeit E-Learning für kleine Unternehmen immer interessanter – vor allem, wenn sie Wert auf informelles Lernen legen. Dafür bieten Elemente des Web 2.0 wie Blogs, Wikis und Communities gute Möglichkeiten, auch wenn sie leider noch zu wenig genutzt werden.
Welche Vorüberlegungen und Grundlagen sind notwendig für den Einstieg?
Wie gesagt kann die Ausgangssituation sehr unterschiedlich sein. Zunächst sollten sich E-Learning-Einsteiger also überlegen, worin der konkrete Nutzen für die eigene Organisation besteht. Dafür muss das Unternehmen seine Situation und die angestrebte Lösung, den Business-Case, genau beschreiben. Die Firmen sollten sich über ihre Motive und die Bedürfnisse in Bezug auf Lernen, Lernprozesse und Trainingsinhalte im Klaren sein. Außerdem spielt die aktuelle Lernkultur eine große Rolle. Kommt etwa bereits E-Learning zum Einsatz und soll das Trainingsmanagement verbessert werden? Soll eine professionelle Lösung ein „handgestricktes“ System ersetzen? Oder handelt es sich um eine Ersteinführung von E-Learning?
E-Learning ist ja nicht gleich E-Learning. Welche verschiedenen Formen gibt es überhaupt?
Leider wird E-Learning häufig noch auf das Einzellernen mit Web Based Training über den PC, das sogenannte WBT, reduziert. Dabei bietet es eine deutlich größere Vielfalt: Die Palette reicht vom WBT als Standardprodukt und Individualentwicklung über das Online-Tutorial mit Content-Bausteinen, die Tutoren begleiten und coachen, über Blended-Learning-Szenarien als Mix aus Präsenzphasen und Webinaren, Coachings oder Selbstlernen bis hin zum Community-basierten, informellen, asynchronen und synchronen Lernen.
Was ist bei der Auswahl des passenden Instruments zu beachten?
Die Tools sollten möglichst flexibel für unterschiedliche Lernszenarien einsetzbar sein. Wichtig ist auch die Leistungsfähigkeit des Systems mit Blick auf den aktuellen Business Case und die Anforderungen der nächsten fünf Jahre. Außerdem sollten Unternehmen bei der Auswahl auf eine hohe Performance und Sicherheit der Software achten sowie die Möglichkeit, das System einfach in die eigene IT-Infrastruktur integrieren zu können. Natürlich sind auch das Preis-Leistungs-Verhältnis und die Erfahrung und Kompetenz des Anbieters oder Dienstleisters wichtige Kriterien bei der Entscheidung.
Neben der Einführung einer hausinternen Infrastruktur für E-Learning sind heute auch ASP-Lösungen ein praktikabler Weg. Dabei betreibt das Unternehmen die Lernumgebung nicht im eigenen Haus, sondern entrichtet eine Miete an einen Dienstleister, der die IT auf seinem eigenen Server über das Internet zur Verfügung stellt.
Wer sollte denn für die Einführung von E-Learning verantwortlich sein?
Es kommt natürlich immer auf die Situation an, aber es gibt ein paar typische Verantwortliche: Am häufigsten sind die Zuständigen für Personalentwicklung und Weiterbildung auch für E-Learning verantwortlich. Manchmal wird das Projekt aber auch von der IT-Seite aus getrieben. Da es beim E-Learning im Kern immer um ein Softwareprojekt geht, ist die IT in der Regel sowieso Sparringspartner. Normalerweise gibt es also eine Doppelprojektleitung oder zumindest eine Teilprojektleitung auf Seiten der IT. Dann beobachten wir inzwischen häufiger, dass das Projekt auch aus der Linie beziehungsweise aus dem Fachbereich kommen kann, zum Beispiel aus dem Marketing und Vertrieb. Dabei geht es meist um Trainings für die eigenen Verkäufer oder für die Handelspartner.
Projekte laufen selten völlig rund. Vermutlich ist das auch bei der Einführung von E-Learning so. Welche typischen Fehler machen Unternehmen dabei häufig?
Ein häufiges Problem besteht darin, dass bei einem großen Softwareprojekt meist der Changeanteil überwiegt, einfach weil sich Prozesse und Ziele in der Personalentwicklung oder Weiterbildung oder auch in der IT im Projektverlauf verändern. Ohne eine Korrektur der ursprünglichen Planung geht es dann nur selten weiter. Ein klassischer Projektfehler dabei: Wenn sich das Projekt verspätet, besteht der erste Impuls darin, mehr Leute ins Projektteam mit reinzunehmen. Doch: Adding people to late projects, makes the project later. Das heißt: Mehr Leute führen in der Regel zu weiteren Verspätungen.
Weil die neuen Leute erst einmal in das Thema hineinfinden müssen?
Ja, genau. Das einzige, was man da wirklich machen kann, ist den Projektumfang reduzieren oder die zeitlichen Vorgaben ändern. Das passiert dann in der Regel auch meistens irgendwann, nur manchmal später als nötig.
Gibt es weitere Kardinalfehler?
Eine klare Zielsetzung ist ein wesentlicher Meilenstein für ein erfolgreiches Projekt. Denn wenn das Ziel und der Business Case nicht klar sind, kann vieles von Anfang an falsch laufen. Das ist zwar später wieder korrigierbar, aber eben mit zusätzlichem Aufwand.
Unternehmen definieren ihre Projekte auch oft zu groß. Je größer ein Softwareprojekt ist, desto größer ist die Chance, dass es schief läuft. Wenn Sie das Projekt in kleinere Pakete aufteilen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass jeder einzelne Teil in der vorgesehenen Zeit und dem geplanten Budget erledigt werden kann.
Rein formal wären das aber doch einfach Teilprojekte eines großen Projekts, oder?
Die Erfahrung zeigt, dass das aber doch einen Unterschied macht. Besser ist es, mit kleinen Piloten zu beginnen und sie dann auszubauen. Und dass man sich daran auch hält. Denn oft teilen Unternehmen am Anfang ihr Projekt noch auf und werden dann ungeduldig. Sie denken „wäre doch schön, wenn wir alles gleich hätten“. Da brauchen Sie eine große Projektdisziplin von allen Beteiligten. Doch die Vorteile überwiegen: Wenn Sie ein Projekt, das 18 Monate läuft, auf dreimal sechs Monate aufteilen, dann ist der Planungshorizont viel kürzer. Wenn die zweiten sechs Monate beginnen, haben Sie einfach schon mehr Erfahrung und wissen besser, was passieren kann.
Was können E-Learning-Neulinge auf dem neuen Kongress Professional Learning Europe diesbezüglich lernen?
Wir haben für die Einsteiger drei sehr spannende Angebote geplant: Am ersten Tag haben wir den Track „Getting started“, in dem wir einen Gesamtüberblick über E-Learning geben. Die Teilnehmer erfahren unter anderem, welche Rolle Trainer, Autoren und Tutoren spielen, und lernen konkrete Praxisbeispiele aus Unternehmen kennen. Am zweiten Tag steht das Thema Projektmanagement im Vordergrund. Die Kongressbesucher bekommen Checklisten und Leitlinien an die Hand, um die Tipps im eigenen Projekt anwenden zu können.
Am dritten Tag geht es primär um die Frage der Begleitung von Lernenden in E-Learning-Szenarien. Denn die soziale Komponente des Lernens kommt beim E-Learning meistens noch etwas zu kurz. Wir beantworten Fragen rund um die Arbeit von Trainern, Coachs und Community-Managern: Wie kann ich eine Lernbegleitung konzipieren? Welche Modelle gibt es und was braucht es dafür? Wie sollte ein Trainer sich weiterqualifizieren oder auch ein Fachexperte, der so etwas begleiten möchte? Kommunikationsmöglichkeiten motivieren Lernende ganz besonders. Da gibt es schon einzelne Erfolgsstories, aber bisher trauen sich zu wenige Unternehmen an das Thema heran. Das möchten wir mit der PLE ändern.
Interview: Stefanie Hornung
- veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der spring Messe Management GmbH & Co. KG -
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